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Giganten unter sich: Oh Changik. Foto: Jörg Landsberg
Giganten unter sich: Oh Changik. Foto: Jörg Landsberg © -

Bremen - Von Ute Schalz-laurenze. Ein Riesenprojekt, das die Choreografen Helge Letonja (Bremen) und Felix Landerer (Hannover) mit zahlreicher Hilfe erfolgreich initiieren konnten: die Gründung einer neuen Tanztruppe, die sich „of curious nature/TanzRAUM Nord“ nennt und am Donnerstagabend im Kleinen Haus des Bremer Theaters eine überwältigende Premiere feiern durfte.

Letonja, der nach seiner Zeit als Tänzer am Theater Bremen 1996 in Bremen das freie Steptext Dance Project gründete, formte mit Landerer aus mehr als 1 000 Bewerbungen ein zehnköpfiges Ensemble, bestehend aus Kossi Sebastien Aholou Wokawui, Leila Bakhtali, Oh Changik, Zander Constant, Sara Enrich Bertran, Albert Galindo, Jure Gostincar, Einav Kringel, Anila Mazhari und Aron Nowak – sechs Männer und vier Frauen aus neun verschiedenen Ländern, von Togo bis Israel, von Kanada bis Korea. Dieses Ensemble wird einmal im Jahr eine Premiere am Theater Bremen präsentieren und eine in Hannover, soll aber auch ein Reiseensemble sein, das für dieses Projekt mit einer Millionen Euro gefördert wurde.

Unter dem Titel „On the shoulders of giants“, also dem Gleichnis der Zwerge auf den Schultern von Riesen (Isaac Newton), will Letonja die Verbindungslinien zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft befragen und gesellschaftskritisch offenlegen: Wer sind wir? Das ist ein sehr pauschales, irgendwie auch schwammiges Thema. Aber genau das erlaubt den internationalen Tänzern, die Choreografie Letonjas verantwortlich mitzugestalten, die jeweils sehr persönliche, kulturell fundierte Körpersprache einzubringen.

Und so entfaltet sich auf dem Hintergrund einer milchglasigen Wand aus Acrylglas, die später zusammenbricht und im zweiten Teil eine regelrechte Hauptrolle spielt (Bühne: Letonja), eine Fülle von existenziellen hochvirtuosen Einzelporträts. Die Tänzer, die sich aus einer regelrechten Skulptur dunkler, burkaähnlicher Umhänge herausschälen – dann tragen sie einen einfachen weißen Anzug mit einer seidenartigen Schärpe – machen sich auf die Suche, leben in ihrer Angst, freuen sich über Kommunikation, behaupten sich gegen Frustration, fragen und stellen sich selbst in Frage: und dies stets in den durchaus konventionellen Formationen Solo, Pas de deux und Gruppe.

Auch die schwarz-blaue Skulptur entwickelt sich, bäumt sich auf und bricht wieder zusammen. Später greift das Acrylglas ein, sperrt die Menschen ein, lässt sie wieder frei, führt sie noch in ganz andere existenzielle Situationen, als es im Solo möglich wäre. Der Ausdrucksreichtum ist scheinbar unendlich, die Virtuosität atemberaubend, die Präzision begeisternd. Geführt und unterstützt werden die Szenen von der minimalistisch eindringlichen Musik von Simon Goff und Lynn Wright.

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Weitere Vorstellungen: Donnerstag, 20 Uhr, Sonntag, 18.30 Uhr, Montag, 9. März, 10 Uhr, Kleines Haus, Theater Bremen.

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