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Autoindustrie hat Ökolabel mitbestimmt

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Berlin - Die Umweltkennzeichnung für Pkw ist seit ihrer Einführung äußerst umstritten. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) soll die Gesetzgebung von Anfang an beeinflusst haben.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) veröffentlichte am Montag entsprechende umfangreiche Dokumente. Demnach geht nicht nur der grundlegende Verordnungsentwurf auf den Branchenverband zurück. Der VDA soll auch bei der Ressortabstimmung zwischen den Ministerien vermittelt haben.

Die umstrittene Verordnung ist seit Dezember 2011 in Kraft. Das Ökolabel soll Verbraucher beim Kauf eines Neuwagens über Energieverbrauch und den Ausstoß des klimaschädlichen Kohlenstoffdioxids informieren. Ähnlich wie bei Elektrogeräten gibt es Effizienzklassen. Umweltverbände kritisieren das System seit der Einführung als irreführend und wenig aussagekräftig, da schwere Autos mit hohem Spritverbrauch in zahlreichen Fällen besser abschneiden als Kleinwagen mit niedrigerem Verbrauch.

Die Umwelthilfe hatte seit Jahren versucht, Einsicht in die Unterlagen des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) zu erhalten. Erst nach einem höchstinstanzlichen Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gab das Ministerium die Unterlagen frei. Anlass für den Antrag auf Einsicht war laut DUH, dass die Regierung schon bei Vorstellung ihres Entwurfs damit geworben habe, auch die deutschen Autobauer stimmten der Regelung zu. Das deutsche Recht sehe aber vor, dass Verbände an Vorhaben der Bundesregierung erst nach Veröffentlichung eines zwischen den Ministerien abgestimmten Entwurfs beteiligt würden.

Die Unterlagen zeigen nach Ansicht der DUH nun, "dass die Autolobby nicht nur für das BMWi die Grundzüge der Rechtsverordnung verfasst hat, sondern auch noch die Ressortabstimmung zwischen den Ministerien selbst betrieb". So heißt es etwa in einem jetzt veröffentlichten Schreiben von VDA-Chef Matthias Wissmann an das Verkehrsministerium: "Wir sind uns mittlerweile mit dem BMWi über einen konkreten Vorschlag einig (s. Anlage) und es geht nun darum, auch das BMU für diesen Vorschlag zu gewinnen."

Wissmann machte in dem Schreiben zugleich Druck: Die Bundesregierung müsse handeln, bevor die Europäische Kommission eine europaweite Regelung angehe, da deren federführende Generaldirektion Umwelt "nur geringes Interesse haben dürfte, auf die deutsche Produktstruktur" Rücksicht zu nehmen. In einem Schreiben von Volkswagen an den damaligen Bundesumweltminister Norbert Roettgen (CDU) wiederum macht sich der Konzern dafür stark, alle Modelle, die als Energiespar-Konzepte von den Autobauern entwickelt wurden, "möglichst durchgehend in Klasse A" fallen zu lassen.

"Die Akten belegen, dass durch die gewählte Systematik der CO2-Effizienzklassen deutsche Autos bevorzugt werden sollten", kritisierte die DUH. Die Union und die SPD forderte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch am Montag auf, im Koalitionsvertrag festzuschreiben, bei der anstehenden Überarbeitung der Ökolabel-Verordnung "die massive, ökologisch und wettbewerbsrechtlich fragwürdige Bevorzugung von schweren Fahrzeugen zu beenden".

Das Wirtschaftsministerium wies die Kritik am Montag zurück. "Die Vorwürfe der Deutschen Umwelthilfe sind haltlos", erklärte der Sprecher von Minister Philipp Rösler (FDP). Die beschlossene Verordnung sei "eine ausgewogene Neuregelung, bei der die unterschiedlichen Interessen der Beteiligten berücksichtigt worden sind".

afp

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