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Mal Kavalier, mal wildes Tier

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BMW M6
Mit dem M6 auf der Rennstrecke von Ascari: Purer Fahrspaß unter andalusischer Sonne. © BMW

Der neue M6 mit 560 PS ist da. BMW bringt die 6er Reihe in zwei Varianten als Coupé oder Cabrio. Redakteur Rudi Bögel ist beide Modelle unter andalusischer Sonne schon mal gefahren.

Männer mögen Spielsachen. Vor allem teure! Das ist so wie bei den Frauen mit den Schuhen. Die Münchner M GmbH, die Kraftschmiede von BMW, kennt sich mit Männerspielzeug bestens aus und holt zum 40. Geburtstag zu einem Doppelschlag aus:

Der neue M6 ist da, 560 PS stark und sowohl als Coupé als auch als Cabriolet zu haben. Wir durften schon mal mit beiden spielen. Auch auf der Rennstrecke.

M – ähm! Fangen wir gleich mit der schlechten Nachricht an. Für dieses Spielzeug braucht man Geld, richtig viel Geld. Mit standesgemäßer Ausstattung versehen, zum Beispiel mit einem (zugegebenermaßen) prächtigen Bang & Olufsen-Soundsystem (knapp 5000 Euro) oder den brandneuen goldfarbenen und scharf zupackenden Karbonbremsen (knapp 8.700 Euro), kostet der M6 schnell mal 150.000 Euro. Dafür ist er dann auch wirklich schnell: Mit 4,2 Sekunden von null auf 100 Stundenkilometer und 12,6 Sekunden von null auf 200 bei einem Drehmoment von 680 Nm handelt es sich hier allerdings mehr um einen Torpedo als um ein Auto.

BMW M6: Coupé und Cabrio mit 560 PS

Passend dazu die rötlich-orange Sonderlackierung, die an den Z4-Zagato erinnert, den BMW gerade eben in Como als Studie vorgestellt hat. Angetrieben wird das zeitlos elegante Coupé mit dem schwarzen mit Carbon verstärkten Dach übrigens von dem schon aus dem M5 bekannten 8-Zylinder-Biturbo, und so richtig ausfahren kann man ihn wirklich nur auf der Rennstrecke.

Purer Fahrspaß unter andalusischer Sonne

Und da sind wir auch: Ascari, benannt nach dem italienischen Rennfahrer Alberto Ascari, heißt die fünfeinhalb Kilometer lange Strecke mit 13 auch der Formel 1 genügenden Links- und Rechtskurven. Auch diese Rennstrecke unter spanischer Sonne ist ein Spielzeug.

Das von einem Holländer. Klaas Zwart hat sein Geld dem Vernehmen nach mit dem Lösen kniffliger Probleme beim Ölbohren verdient. Es muss viele Probleme gegeben haben, so reich ist er. Selbst ein Sammler (ihm gehört beispielsweise der Schumi-Benetton), Autohersteller (die britische Edelmarke Ascari) und passionierter Rennfahrer, betreibt er die Strecke mehr als ein Hobby als aus kommerziellen Gründen.

Doch bevor wir selbst das M6-Tier über den Asphalt jagen dürfen, kleine Lehrstunde: mit Bruno Spengler, dem Tourenwagen-Piloten von BMW als Fahrer. Der supersympathische Motorsportprofi, seit dem zehnten Lebensjahr rennmäßig unterwegs, schaltet erst einmal aus. Und zwar das elektronische Stabilisierungsprogramm DSC, quasi die technische Rückversicherung, dass man das Auto – außer man begeht einen groben Fahrfehler – nicht aus der Kurve schießen kann.

Das macht Spaß, das macht Spaß. Spengler gibt Gas. Mit den Schaltwippen am funktionalen, aber auch formschönen neuen M-Lenkrad bringt er den M6 zunächst zum Fauchen, dann zum Knurren und schließlich zum für den Rennsportmotor so typischen hochfrequenten sägenden Singen. Der Pilot heizt die hügelige Asphaltspur brachial hoch, um dann den M6 durch die nach der Kuppe plötzlich auftauchende Kurve driften zu lassen, so als wäre es eine Eispiste. Er will doch nur spielen! Jetzt selber bloß nicht zeigen, dass die Angst ein wenig mitfährt. Immer schön männlich bleiben, nur das leichte Krächzen in der Stimme verrät dem Fachmann, hier hat einer Herz … Nach den ersten Kurven legt sich das aber wieder. Und es bleibt die Erkenntnis: Auch Beifahren kann Spaß machen. Danke Bruno!

So, jetzt selbst ans Steuer, das Stabilisierungssystem bleibt aus nervlichen Gründen lieber an, allerdings in einem Modus, der zumindest das Durchdrehen der Reifen und einen leichten Drift zulässt. Drei Einführungsrunden mit einem Profi vorweg geben ein Gefühl für die mit einem Pylonen angezeigten Einlenk- und mit zwei Pylonen markierten Bremspunkte der Strecke.

Aber dann geht’s los. Parallel zum Drehzahlmesser dreht auch der Puls auf. Der Körper fühlt sich an wie unter Volllast, jetzt ist auch klar, warum Rennfahrer austrainierte Burschen sind. Das ist tatsächlich Sport. Wahnsinn, was moderne Autos können! Beim Flug durch die Kurven, beim kraftvollen Ausbrechen des Hecks danach, wenn die 560 Pferdestärken wieder losspurten, wird einem bewusst: Wenn überhaupt nutzt man im Alltag höchstens zehn Prozent von dem, was so ein Gerät wirklich kann. Und das ist auch gut so.

Eine Minute 49 Sekunden – so lautet der ewige Rundenrekord von Ascari. Gefahren mit einem Formel-1-Auto. Bruno Spengler hat beim Driften durch die Kurven so viel Spaß, dass ihn diese Zeit nicht herausfordert. Aber in der neunten Runde will ich es wissen. Vollstoff auf das Gas, gleichzeitig die Stoppuhr gedrückt. Der Biturbo heult auf, ich, vom Kavalier zum wilden Tier – mir kommt es so vor, als ob der M6 unter meiner Regie wie ein wild gewordener Derwisch aus der Zeit der arabischen Besatzung über den andalusischen Rennasphalt jagt, mit pochendem Herzen und fliehender Konzentration zurück in die Boxengasse. Und? 2 Minuten 40 Sekunden, netter Versuch! Aber mehr auch schon nicht!

Fazit: Aus einem passablen Autofahrer wird so schnell kein Rennfahrer. Zweite Erkenntnis: Wenn man Männern so ein schönes Spielzeug wie den M6 wieder wegnimmt, dann werden auch aus harten Hunden ganz schnell weiche Kerle …

RDF

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