«In Belgien ist das Carpass-Modell für Gebrauchtfahrzeuge Pflicht und ein großer Erfolg», sagt Wolfgang Partz, Sprecher des Tüv Rheinland. Im Nachbarland werden Kilometerstände bei Werkstattbesuchen in einer Datenbank dokumentiert. Zwar könne man mit entsprechendem Aufwand auch dieses System manipulieren, meint Partz, doch die Erfahrungen seien gut. Laut offiziellen Angaben gebe es erheblich weniger Tricksereien. Ob das System jedoch als Ultima Ratio ausreiche, sei schwer zu sagen. «In jedem Fall ist es aber besser als gar kein Schutz.» Ein Vorteil sei, dass das ohne die Automobilhersteller eingeführt werden könnte.
«Datenbanken sind unsicher, da Kilometerstände vor dem Eintrag nicht auf Richtigkeit geprüft werden können», betont Arnulf Thiemel vom ADAC-Technikzentrum. Es sei nicht erkennbar, ob das Fahrzeug bereits vor der Eintragung manipuliert wurde. Zudem würden bei Neuwagen die Hauptuntersuchungen erst nach drei Jahren fällig. «Zu diesem Zeitpunkt sind insbesondere Leasing-Fahrzeuge offenbar schon (erstmals) manipuliert worden.» Der VDA sieht in einer solchen Dokumentation nur einen «erheblichen zusätzlichen Verwaltungsaufwand».
Doch auch die vom ADAC favorisierten Chips könnten inzwischen manipuliert werden: «Die sind zwar nicht überschreibbar, können aber auf Null gestellt werden, indem der Tacho auf 999 999 hochgesetzt wird und dann wieder auf Null springt», sagt Gerald-Alexander Beese vom Kraftfahrzeugtechnischen Institut in Lohfelden. «Außerdem können die Chips von der Platine ausgelötet und dann im Ganzen ersetzt werden.» Eine Kombi-Variante scheint da die beste Lösung.
Um auch beim grenzübergreifenden Autohandel eine Veränderung des Tachostands erkennbar zu machen, müsse mittelfristig an einer «direkt im Auto integrierten» Lösung gearbeitet werden, heißt es nüchtern im Landtagsantrag. Im Klartext heißt dies, dass weiter Geduld gefragt ist. Solange muss sich jeder Gebrauchtwagenkäufer auf sein Bauchgefühl verlassen.
Angegebene Kilometerstände in den Reparaturrechnungen, auf den Motorölwechsel-Anhängern und in Serviceheften sollten überprüft und verglichen werden, rät der Autoclub. Wenn dabei Unstimmigkeiten auftauchen oder auch bestimmte Unterlagen ganz fehlen, sei Vorsicht geboten. Auf das Scheckheft allein sollte man sich aber nicht verlassen, rät Markus Steinhausen, Referent beim Automobil-Club Verkehr (ACV). Denn Angaben darin seien leicht zu fälschen. Hinweise dafür können beispielsweise zu identisch aussehende Unterschriften oder immer gleiche Stempelfarben sein. Im Zweifel lässt man sich die Einträge von der Werkstatt, die im Scheckheft steht, bestätigen.
Laut Auto Club Europa (ACE) reichen ein Kabel zum Steuergerät, ein Laptop und eine entsprechende Software oft aus, um den Kilometerzähler zurückzudrehen. Tachofilter erlauben, den Kilometerzähler sogar während der Fahrt auszustellen. Das zeigt, wie ausgeklügelt die Maschen sind. Technisch lässt sich Tacho-Betrug in der Regel nicht nachweisen, erklärt der ADAC. Mitunter können in den Werkstätten Sachverständige jedoch den tatsächlichen Kilometerstand auslesen. Manche Autoclubs und Prüforganisationen wie der Tüv bieten außerdem Gebrauchtwagenchecks an, die eine genauere Einschätzung des tatsächlichen Autozustands liefern.
Abgenutzte Pedale, aufgeriffelte Sitzpolster und ein abgegriffenes Lenkrad - solche Spuren im Innenraum deuten auf viele gefahrene Kilometer hin. Doch Vorsicht: Auch wenn der Innenraum gut in Schuss ist, kann der Motor bereits mehr gelaufen sein, als der Kilometerstand vorgibt. Denn vor dem Kauf hübschen die Betrüger nicht selten den Innenraum auf, warnt der ADAC. ACV-Experte Steinhausen rät ebenfalls zu gesunder Skepsis und sagt: «Eigentlich ist der Innenraum als Indikator nicht wirklich zu gebrauchen.»
dpa