Ich glaube aber, dass das Mobilitätsbedürfnis eher gestiegen ist. Während früher die Menschen zufrieden waren, wenn sie nach einer Woche anstrengender körperlicher Arbeit zu Hause ausspannen konnten, ist es doch heute so, dass alle, ob nach Schule oder Arbeit, gleich was unternehmen wollen. Das ist mit Mobilität verbunden.
Für diese Bedürfnisse brauchen wir die richtigen Konzepte. Und da ist das Auto – natürlich in einer modern interpretierten Form – nicht wegzudenken. Selbst die kritischen Zeitgeister, die das Auto immer verdammt haben, selbst die führen keine Diskussion mehr darüber, dass alles – z.B. im ländlichen Raum – nur mit öffentlichem Nahverkehr funktioniert. Wir als Autohersteller haben auch nie gesagt, dass wir gegen Zug, U-Bahn oder Tram sind – der öffentliche Nahverkehr hat seine Bedeutung und muss dringend ausgebaut werden, um die Verkehrsströme zu entlasten. Die Erschließung der Fläche geht aber nur über flexible Konzepte, und dazu gehört heute und auch in der Zukunft das Auto. Da sind wir sehr überzeugt davon.
Ein wichtiger Baustein ist dabei das autonome Fahren. Wie ist da der Stand der Technik?
Weber: Den nächsten großen Schritt macht die neue E-Klasse, die im Frühjahr in den Markt geht. Es ist beeindruckend, was dieses Auto schon jetzt kann. Es lenkt selbstständig, natürlich noch keine ganze Stunde lang, das dürfen wir auch nicht aus regulatorischen Gründen, aber deutlich länger als bislang, also bis zu einer Minute bei optimalen Bedingungen.
Die neue E-Klasse kann auf der Autobahn teilautonom die Spur wechseln, überholen und nachher wieder auf Wunsch des Fahrers einscheren. Zudem erkennt sie Verkehrszeichen, Geschwindigkeitslimits und passt die Geschwindigkeit des Autos automatisch an. Sie als Fahrer werden also nicht mehr geblitzt, wenn sie diese Funktion aktiviert haben. Das Auto erkennt und stoppt für Fußgänger, Radfahrer und nimmt komplexe Situationen wahr. Die E-Klasse muss sich nicht mehr ausschließlich an den Spuren, also an den Linien auf der Straße, orientieren, sondern sie wertet die Karten- und jetzt auch Schwarm-Informationen aus. Schwarm bedeutet: Alle fahren auf der Autobahn geradeaus, da kann gar keine Kurve sein, dann erkennt das Auto diese Situation auch ohne Fahrspuren und fährt im Pulk mit.
Welche Voraussetzungen fehlen noch zum vollautonomen Fahren?
Weber: Neben den notwendigen rechtlichen Grundlagen brauchen wir natürlich die soziale Akzeptanz. Da ist in der Gesellschaft und auch in der Politik im Augenblick eine große Offenheit zu spüren. Mit dem Kauf des Online-Kartendienstes HERE haben wir, zusammen mit BMW und Audi, zusätzlich eine wichtige Grundlage geschaffen.
Und dann gibt es das große Thema künstliche Intelligenz. Die Maschine, die selbstständig lernt. Dazu braucht es aber hochleistungsfähige Rechnereinheiten, die auf kleinstem Raum Millionen von Daten in Echtzeit auswerten, die die Sensorik im Auto liefert. Hochleistungsfähige Rechner, die diese komplexe Datenwelt erfassen, begreifen und dann die entsprechenden Reaktionen ausführen, das ist das große Feld, in das wir gerade massiv investieren.
Interview: Rudolf Bögel