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Jaguar XE im Test – kann er BMW, Mercedes und Audi die Show stehlen?

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Jaguar XE im Test – kann er BMW, Mercedes und Audi die Show stehlen?
Exakte Lenkung, austariertes Fahrwerk. Wenn es um Dynamik geht, dann kann der Jaguar XE in der Premium-Klasse mithalten. © Jaguar

Mit Stil, Charme und Fahrdynamik will Jaguar bei den Kompaktwagen punkten. Aber ist der XE wirklich eine Alternative zu 3er BMW, Audi A4 oder Mercedes C-Klasse? Ein Fahrtest.

Jaguar XE: Ein echter Hingucker

Das Auge kauft immer auch mit. Und so wird das Design beim Kampf um die Auto-Kunden immer wichtiger. Dass die Engländer schicke Autos bauen können haben sie mit dem Jaguar F-Type* ja hinlänglich bewiesen. Aber es muss nicht immer ein Sportwagen sein. Auch mit einer Limousine wie dem XE kann man sich sehen lassen, wie der eine oder andere bewundernde Blick der Nachbarschaft verrät. Allerdings besteht erhöhter Erklärungsbedarf. "Aha, das ist also ein Jaguar*", heißt es. Kein Wunder, denn nach wie vor zählt der XE in Deutschland eher zu den Exoten. Seit dem Marktstart der ersten Generation anno 2015 wurden (Stand Ende 2019) gerade mal 8.000 Autos verkauft.

An der Optik kann es jedenfalls nicht liegen. Im Vergleich zur ohnehin schon flotten Erstausgabe hat sich der neue Jaguar XE sogar noch gesteigert. Der stramme Kerl von der Insel hat neue ausdrucksstärkere Schürzen bekommen, die LED-Frontscheinwerfer blinzeln schmal wie die Augen einer müden, aber wachsamen Katze. Knackig, sportlich und trotzdem fein und elegant. Da kann man sich im Rudel von BMW, Audi und Mercedes schon blicken lassen.

Jaguar XE: Interieur setzt auf digitale Bedienung

Im Innenleben hat sich noch mehr getan. Bildschirme, wohin das Auge blickt. Alles digital - von Tacho und Drehzahlmesser über das große und im Armaturenbrett integrierte Infotainment-Display bis hin zur Klimaanlage und dem drahtlosen Aufladefach für das Handy. Ein Sonderlob gilt der ausnahmslos bedienungsfreundlichen Nutzeroberfläche. Man findet sich beim Wischen und Drücken auf dem Bildschirm sofort zurecht. Das Menü ist klar strukturiert - und wer digitale Spielereien mag, wird hier fündig. Zum Beispiel bei der Flugverfolgung. Einfach die Nummer eingeben und schon weiß man, ob der oder die Liebste pünktlich landet.

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Einfach die Flugnummer eintragen, und schon verfolgt der Jaguar-Computer, ob der oder die Liebste pünktlich landet. © Jaguar

Ebenfalls eine Spielerei – aber eine höchst sinnvolle, ist der Rückspiegel, den man bei Bedarf auf Display-Betrieb umschalten kann. Dann zeigt er einem ein viel breiteres und gestochen scharfes Bild vom Verkehrsgeschehen hinter dem Auto. Aufgenommen wird es von einer eigenen Kamera im Heck des Fahrzeugs. Dass das Bild im Rückspiegel künstlich ist, merkt man entweder daran, dass das Heckfenster im vermeintlichen Spiegel fehlt, spätestens dann jedoch, wenn man prüfen will, ob die Frisur noch sitzt.

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Blick in den Rückspiegel: Das Bild wird von der Heckkamera geliefert und bietet deshalb eine besonders gute Übersicht. © Jaguar

Des Guten zu viel ist die Pedal-Information. Ein blauer wachsender Balken zeigt, dass man Gas gibt, ein Roter wie stark man bremst. Sinn? Fraglich! Auch bei der digitalen Assistenz hapert es noch. Die höfliche virtuelle Dame aus dem Lautsprecher hatte immer wieder Hör- und Verständnisprobleme. Die Navigationsadresse wurde erst nach gebetsmühlenartigem Wiederholen verstanden. Was ist an dem Ortsnamen Emmering so kompliziert?

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Hier stellt sich die Sinnfrage. Die Balkengrafik zeigt, dass das Auto bremsen und beschleunigen kann. Braucht man so etwas wirklich? © Jaguar

Für optisches Wohlbefinden sorgen im XE feinste Materialien. Leder, Chrom, Klavierlack - hier rangieren die Briten auf Augenhöhe mit Benz & Co. Einzigartig ist das Spangen-Design des Armaturenbretts, das ganz elegant und wie eine Klammer in den Seitentüren ausläuft. Das man sich wohl beim Yachtbau abgeschaut. Schlecht ist die Sicht wegen der mächtig und breit geratenen B-Säule. Beim Abbiegen empfiehlt es sich daher die eine oder andere Kopfverrenkungen mehr vorzunehmen, um nicht andere Verkehrsteilnehmer zu übersehen.

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Wie eine Spange läuft das Armaturenbrett erst in den Türen aus. Das gibt dem Fahrer das Gefühl in einer Yacht zu sitzen. © Jaguar

Bescheiden ist auch das Platzangebot im Fahrgastraum. Vorne geht es ja noch, obwohl die Beinfreiheit schon grenzwertig ist. Beim schwungvollen Einsteigen handelt man sich gerne mal einen stattlichen blauen Flecken am Bein ein, so knapp ist der Platz unter dem Armaturenbrett bemessen. Hinten hingegen kann man von Einsteigen nicht sprechen. Das ist mehr ein Ein- und Ausrollen, zumindest für einen erwachsenen Körper. Dafür sitzt man einigermaßen gut - wenn man denn endlich sitzt. Für lange Strecken ist das aber eher untauglich. Bitter fällt auch das Urteil zum Kofferraum aus: Die spärlichen 410 Liter sind das eine. Der schwierige Zugang wegen der unglücklichen Ladekante und der kleinen Öffnung machen das Ein- und Ausladen richtig unpraktisch.

Jaguar XE: So fährt er sich auf der Straße

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Exakte Lenkung, austariertes Fahrwerk. Wenn es um Dynamik geht, dann kann der Jaguar XE in der Premium-Klasse mithalten. © Jaguar

Satte Pluspunkte sammelt der Jaguar XE hingegen beim Fahren. Schon mit dem kleinsten angebotenen Motor, dem 180 PS starken Diesel, und Vierradantrieb fühlt man sich wie der König der Landstraße. Der Jaguar hängt sofort am Gas, auch schon im Normalmodus. Unterwegs in Ortschaften oder Tempo-30-Zonen muss man sich schon konzentrieren, um dosiert zu beschleunigen. Das schnelle Ansprechen ist natürlich Programm. In Sachen Dynamik wollen die Engländer zumindest mit- wenn nicht sogar vorneweg fahren. Und das gelingt auch mit einer exakten feinfühligen Lenkung und einem genau austarierten Fahrwerk, nicht zu hart, nicht zu weich. Die 8,4 Sekunden, die der Selbstzünder dabei auf dem Papier von 0 auf Tempo 100 braucht, sind zwar nicht unbedingt berühmt, gefühlt reicht die Power jedoch, vor allem im Stadt- und Landverkehr.

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Feuerrotes Spielmobil. Der Jaguar XE macht bietet auch mit der kleinsten Motorisierung ordentlichen (Fahr-)Spaß. © Jaguar

Auf der Autobahn und bei hohen Drehzahlen sind diesem Aggregat dann Grenzen gesetzt. Wer hier flott unterwegs sein will, sollte auf die zwei Alternativmotoren ausweichen, die Jaguar beim XE im Angebot hat. P250 und P300 sind zwei Liter große Turbobenziner und haben, wie die Bezeichnung schon ausdrückt, wahlweise 250 oder 300 PS. Mit letzterem Triebwerk ausgestattet, rennt der XE in immerhin 5,7 Sekunden von 0 auf 100. Der kostet dann aber schon knapp über 50.000 Euro und hat Allradantrieb. Was den Grundpreis anbetrifft, befindet sich der Jaguar in bester Gesellschaft. Die 43.690 Euro für den 180-PS-Diesel mit Automatik und Hinterradantrieb entsprechen in etwa dem, was die Konkurrenz verlangt. Beim Verbrauch schwimmt im Mittelfeld. 7,7 Liter zeigte das Display nach rund 800 Kilometern Fahrt, bei der ein großer Anteil moderat gefahrener Autobahn dabei war.

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7,7 Liter Verbrauch auf 100 Kilometern: Der Jaguar ist nicht unbedingt ein Spritspar-Weltmeister. © Jaguar

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Fazit zum Jaguar XE D180 AWD S

Der Jaguar XE ist ein Brite mit (Fahr-)Stil. Die Limousine mit dem Raubkatzenkopf im Kühler dürfte allen gefallen, die mit einem neuen Auto auffallen wollen, aber trotzdem moderne Technik und Fahrkultur haben wollen. Minuspunkte sind der spärliche Platz für Passagiere und Fracht. Eine Gefahr für 3er BMW, Mercedes C-Klasse und Audi A4 ist der XE nicht unbedingt – aber eine denkbare Alternative auf alle Fälle.

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Kurze Überhänge, breite Schultern. Der Jaguar ist auch von hinten eine auffällig schicke Limousine. © Jaguar

Datenblatt Jaguar XE D180 AWD S

Hubraum:1.999 ccm
Leistung:180 PS bei 400 U/min
Drehmoment:430 Nm bei 1.750 – 2.500 U/min
Getriebe:8-Gang Automatik
Antrieb:Allrad
Länge/Breite/Höhe:4,68/2,08/1,42 m
Leergewicht (zul):1.685 / 565 kg
Kofferraum:410 l
0 auf 100:8,4 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit:222 km/h
Normverbrauch:5,4 l
Co2:138 g/km
Preis:ab 43.690 Euro (mit Allrad: 45.940 Euro)

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Rudolf Bögel

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