Wer ein derartiges Publikum ansprechen will, der muss erst einmal liefern - am besten dort, wo es keine Ausreden gibt, auf dem Track. Der Bilster Berg – Kenner feiern die erst 2013 eingeweihte Rennstrecke, rund 30 Kilometer von Paderborn entfernt, als „kleine Nordschleife“. Ein Prädikat, das nicht zu hoch gegriffen ist. Mit seinen welligen und extrem schnellen Passagen, den blinden Kuppen und den 19 Kurven ist der Bilster Berg wirklich so etwas wie die Miniatur-Ausgabe des legendären Nürburgrings. Die wohl heißeste Abschnitt heißt Mausefalle. So wie der berüchtigte Abschnitt auf der Ski-Weltcup-Abfahrt "Streif" in Kitzbühel. Das heißt 26 Prozent Gefälle runter, das Ganze in einer abartig enger werdenden Kurve, und dann 21 Prozent mit Vollgas wieder rauf ins Nichts. Die Kompression unten erreicht das Niveau eines Raketenstarts: Und so fühlt man sich auch im XB7 von Alpina. Nur, dass die Stufen schneller zünden und abbrennen.
Natürlich darf man sich spätestens jetzt die Sinnfrage stellen, was ein derartig staksiger Karosserieaufbau auf einer Performance-Strecke zu suchen hat. Die Frage kann man aber erst ernsthaft beantworten, wenn man so etwas gewagt und die 2,7 Tonnen mit voller Wucht in die Schlucht, Verzeihung, in die Mausefalle gejagt hat. Denn der XB7 entpuppt sich in der Tat als verblüffend leichtfüßig. Zwar nicht unbedingt im Komfort-Modus, bei dem das Luftfahrwerk so ziemlich jede Unebenheit rausnimmt und die Regelsysteme Geschwindigkeit und Drehmoment so begrenzen, dass man das Gefühl hat enge Fußfesseln zu tragen. Aber schon in den Einstellungen Sport oder Sport plus wird aus dem schwerfälligen Edel-SUV ein veritabler Kurvenjäger.
Ein Glück, dass die Bremsen immer wieder knackig zupacken, so dass man die 2,7 Tonnen jederzeit voll im Griff hat. Wie immer bei Alpina gibt es hier keine teuren Keramik-Scheiben, sondern guten alten Stahl. Der ist beständig, nicht so zickig (und so teuer) wie Keramik und hat bei vielen Tests seine Überlegenheit in Sachen Bremsweg hinlänglich bewiesen.
Inwieweit das alles jedoch die künftige Kunden-Klientel des XB7 ernsthaft interessiert, sei dahingestellt. Der Absatz des neuen Alpina-Top-Modells zielt ganz klar auf die nordamerikanischen Märkte USA und Kanada. Dort wird der XB7 ausschließlich über BMW-Händler vertrieben. Vermutlich erfolgreich, wenn man sich die hohe Anzahl der Vorbestellungen so ansieht, die (Stand Ende Juni) bei rund 150 liegt. Bei eine Fahrzeugabsatz von 1.500 im Jahr insgesamt ein stattlicher 10-Prozent-Anteil.
Auch interessant: Mercedes GLB: Der wahre Nachfolger des GLK.
Welche technischen Leckerbissen hat der XB7 noch aufzuweisen, außer einer brillanten Motorleistung? An zweiter Stelle kommt das Luftfahrwerk, das spezifisch auf Alpina-Kunden umgestrickt wurde. Beim Fahrzeugniveau leistet der XB7 erstaunliches. Neun Zentimeter liegen zwischen dem höchsten und tiefsten Punkt. Vier Zentimeter nach oben wandert die Luftfederung, wenn es ins Gelände gehen sollte. Sofern man sein 150.000-Euro-Juwel überhaupt beschmutzen möchte. Und ganze fünf Zentimeter senkt es sich ab, wenn einem die Ladekante zu hoch und die Einkäufe zu mächtig sind.
Und natürlich hat die Niveauregulierung auch etwas mit Fahrdynamik zu tun. Im Sport-Modus geht es um zwei Zentimeter runter, bei Sport Plus um vier Zentimeter. Damit liegt der Schwerpunkt niedriger, was der Agilität und Stabilität beim Fahren zu Gute kommt.
Und dann wären da noch die Reifen, wenn es um die besonderen Merkmale des XB7 geht. Auch 23 Zoll bieten die Buchloer jetzt an, so wie beim AMG Mercedes beim GLS 63 oder Lamborghini beim Urus. Partner ist hier die Firma Pirelli. Und weil der damals vorhandene Gummi nicht wirklich gepasst hat, wurden neue Pneus speziell für den XB7 entwickelt. Die sind so gut, dass sogar Firmenchef Andreas Bovensiepen von den Fahrleistungen beeindruckt ist. "Der Notspurwechsel bei Tempo 290 war ganz easy." Segensreich auf die Stabilität wirkt sich auch die Hinterachslenkung aus, die mit bis zu 2,3 Grad mitgeht.
Im Vergleich zum normalen X7 wurde auch der Auspuff modifiziert. Der größere Rohrdurchschnitt bringt einen runderen Sound und zeigt von hinten dezent, dass dieser X7 etwas Besonderes ist. Dazu gehört vor allem die Motorleistung. Beeindruckend sind nicht nur die 621 Pferdestärken an sich, sondern die lineare Kraftentwicklung bis zu 5.000 U/min. Fast so schön wie bei einem Saugmotor. Und auch das maximale Drehmoment lässt sich nicht lange bitten. Schon bei 2.000 Umdrehungen powert der 4,4-Liter Motor los.
Mit dem XB7 haben die Buchloer ihr Portfolio konsequent nach oben hin. SUV sells. SUVs verkaufen sich eben, gerade in der absoluten Luxusklasse. Und auch wenn es politisch nicht korrekt ist: Auf so einem High-Tech-Schiff wäre man gerne Kapitän.
Lesen Sie auch: Alpina B 5 Bi-Turbo – so fährt sich der schnellste Kombi der Welt.
Hubraum: | 4.395 ccm |
---|---|
Motor: | V8 4,4-Liter-Benziner |
Leistung: | 457 kW/621 PS bei 5.500 - 6.500 U/min |
Drehmoment: | 800 Nm bei 2.000 bis 5.000 U/min |
Getriebe: | 8-Gang-Sportautomatik |
Antrieb: | Allrad |
Länge/B/H: | 5,15/ 2,22 /1,80 Meter |
Leergewicht (zul): | 2.655 (710) kg |
Kofferraum: | 750 - 2.120 l |
0 auf 100: | 4,2 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit: | 290 km/h |
Normverbrauch: | 13,9 l/100 km* |
Co2-Emission : | 316 g/km* |
Abgasnorm: | Euro 6d ISC FCM |
Preis (ab): | 155.200 Euro |
*gilt nur in Verbindung mit den 21-Zoll Reifen.
Auch interessant: Oldtimer-Test: So fährt sich ein fast 100 Jahre alter Roadster.
Rudolf Bögel
Fotostrecke: Skurrile Extras für das Auto
*tz.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerkes.