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DDR-Kultauto: So tickt die Trabi-Szene in Franken

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Seit 1998 trifft sich der Trabi-Club in Obermichelbach (Bayern) um das DDR-Kultauto zu fahren oder um Ersatzteile sowie Tipps und Tricks auszutauschen.
Unterwegs im Trabant 601 S: Seit 1998 treffen sich Mitglieder des Trabi-Club in Obermichelbach (Bayern) um das DDR-Kultauto zu fahren oder um Ersatzteile sowie Tipps und Tricks auszutauschen. Trabant 601 S © dpa

Einst Schrottlaube, heute Kultobjekt: Kaum ein Auto ist so gefühlsbeladen wie der Trabant, das klassische Auto der DDR. In Franken zeigt ein Club, dass der „Plastebomber" bis heute alltagstauglich ist.

Es knattert, es rumpelt, es stinkt, wenn im fränkischen Obermichelbach der Ostalgie gefrönt wird. Doch für die Mitglieder der Trabant-Szene-Fürth gehört die Wahrnehmung des Trabis mit allen Sinnen zum Kult. Rund 40 Mitglieder kommen seit 1998 mehrmals jährlich zusammen, um den sogenannten Volkswagen der DDR zu fahren, an ihm zu schrauben, Ersatzteile für ihre „Plastebomber“ zu tauschen oder um stilecht bei Soljanka und Thüringer Bratwurst Tipps und Tricks auszutauschen.

25 Jahre nach der Deutschen Einheit

Viele Mitglieder brachte die Perspektivlosigkeit zur Wendezeit nach Franken. Gekommen sind sie mit ihrem Trabi. Und auch 25 Jahre nach der Deutschen Einheit sind die DDR-Kultautos der Mitglieder in Schuss - und in Gebrauch!

„Heimgekommen ist man noch immer“, sagt Jörg Möcke, der seinen Trabi beinahe täglich fährt: Um die kleine Tochter in den Kindergarten zu bringen, um zum Supermarkt zu kommen. Dafür sei der Trabi weiterhin absolut praktikabel. „Er ist in der Steuer und Versicherung sehr günstig, man bleibt damit nicht liegen und die Ersatzteile sind noch verhältnismäßig günstig“, zählt Möcke die Vorteile auf.

Aus einem Fach an der Beifahrertür zieht er ein vergilbtes Buch, es heißt „Trabant - Wie helfe ich mir selbst“. „Es funktioniert eigentlich alles immer zuverlässig und wenn es doch mal kaputt geht, kann man es einfach selbst reparieren“, versichert Möcke. Nicht umsonst hieß es im DDR-Volksmund: „Hast du Hammer, Zange, Draht, kommst du bis nach Leningrad.“

„Der Weg ist das Ziel“

In der Tat sieht es unter der Motorhaube sehr übersichtlich aus. Kein Vergleich zum Innenraum einer heutigen Karosse. Doch immerhin 26 Pferdestärken schlummern unter der Trabi-Haube. Bergab mit Rückenwind und Heimweh seien rund 100 Kilometer pro Stunde möglich, versichern die Freunde des Kleinwagens mit Zweitaktmotor. Vorausgesetzt man vergesse nicht den Benzinhahn vor der Fahrt zu öffnen und das Benzin-Öl-Gemisch für den Tank richtig zu dosieren.

Das eher bescheidene Beschleunigen, die doch oft hakende Lenkradschaltung, die fehlenden Gurte auf der Rückbank oder die nicht vorhandenen Airbags machen Trabi-Besitzerin Katrin Fischer nichts. „Der Weg ist das Ziel“, sagt sie. Auch ihre Eltern hatten zu DDR-Zeiten lange auf den Trabi gewartet.

Der Kleinwagen, der von leichten technischen Modifikationen abgesehen 34 Jahre lang fast unverändert im Outfit das Sachsenring-Werk in Zwickau verließ, war alles andere als revolutionär. Doch das Auto versprach zumindest ein wenig Freiheit in einem unfreien Land. Als der heiß ersehnte Moment dann da war, wurde das ersehnte eigene Auto wie ein Familienmitglied aufgenommen.

32.832 Trabis sind heute noch unterwegs

Nach der Wende 1990 sank die Nachfrage rapide. Die Mitglieder des Trabi-Clubs erinnern sich noch gut daran, wie die Ankommenden aus dem Osten ihre Trabis nach ihrer Ankunft in Nürnberg auf einem Platz beim Grundig-Gelände abstellten - und nie mehr wieder abholten.

Sichtbar auf deutschen Straßen sind 25 Jahre nach der Einheit aber noch mehr Trabis, als der Laie vermuten würde. Der Trabant flitzt nicht nur im Landkreis Fürth über die Straßen: Zum 1. Januar 2015 waren laut Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg deutschlandweit 32.832 Trabis angemeldet. Eine stolze Zahl, auch wenn die sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als halbiert hat.

Die Reaktionen auf das knuffige Gefährt hätten sich im Laufe der Jahre gewandelt, sagt Möcke. Früher habe man öfter noch ein Nase-Rümpfen oder Nase-Zuhalten kassiert, mittlerweile ernte man überwiegend Daumen nach oben. „Auf der Autobahn siehst du, wie dir die Blicke folgen“, sagt Möcke. Und der Trabi habe immer noch bessere Abgaswerte als manch ein VW, wird in Obermichelbach gescherzt.

Auch für Hochzeitsfahrten werden Möcke plus Trabi gebucht. Wie eine Braut mit üppigem Kleid in einen Trabi passt? „Beifahrersitz ausbauen - fertig!“, sagt er. Ein Trabi-Fahrer weiß sich immer zu helfen.

Von Teresa Tropf, dpa

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