VW hatte Teilnehmer der Musterklage ab Mitte März angeschrieben: Kunden, die «entweder das Kriterium «Kauf vor dem 1. Januar 2016» oder das Kriterium «Wohnsitz zum Zeitpunkt des Erwerbs in Deutschland» nicht erfüllen, sind nicht vergleichsberechtigt», erklärte der Konzern per E-Mail. Die rund 262.000 Dieselbesitzer sind daher nur eine Teilmenge der insgesamt rund 440.000 Einträge für das Musterverfahren. Erst mussten Doppel- und Spaßeinträge abgezogen werden - dann alle, die zum Kaufzeitpunkt im Ausland lebten oder ihr Auto erst nach dem Ende des Jahres 2015 erwarben.
Die Berechtigten könnten sich für eine Einmalzahlung entsprechend ihrem individuellen Angebot entscheiden, schrieb Volkswagen. «Im Gegenzug verzichten die Kunden auf etwaige in der Musterfeststellungsklage gegen Volkswagen vorgebrachte Ansprüche.»
Wie und wann sollen die Vergleichsteilnehmer nun an ihr Geld kommen?
Das Unternehmen versprach, die Beträge nach positiv beschiedener Prüfung möglichst rasch zu überweisen, spätestens ab dem 5. Mai. Dies ist auch der Tag, an dem - unabhängig von dem Sammelverfahren in Braunschweig - eine private Einzelklage eines VW-Dieselfahrers erstmals am Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe verhandelt wird. Innerhalb von drei Monaten sollen nach Angaben des Konzerns dann alle Vergleichsberechtigten die ihnen zugesprochene Summe erhalten.
Was passiert mit Kunden, die kein Angebot erhalten oder dieses nicht annehmen wollen?
Sie können in Einzelverfahren weiter für Entschädigungen streiten. Diese sollten sie vor dem Oktober einreichen, da sonst Ansprüche verjähren, raten die Verbraucherschützer. Es ist aber unklar, ob vergleichbare Bedingungen erzielt werden können - was auch maßgeblich vom ersten Fall am BGH abhängen könnte. «Wer weniger Risiko eingehen möchte, kann den Vergleich annehmen», sagte vzbv-Chef Klaus Müller. Anwaltskanzleien warben weiter um die Vertretung von Mandanten in Einzelprozessen, in der Regel gegen Gebühren im Fall eines Erfolgs.
An vielen Land- und Oberlandesgerichten gab es schon Dieselverfahren, mit unterschiedlichem Ausgang. Teils wurde VW-Kunden Schadenersatz oder sogar Kaufpreis-Ersatz zugesprochen. Oft bekam aber auch der Konzern Recht in seiner Auffassung, die betroffenen Autos seien sicher und voll verkehrstüchtig. Strittig blieb häufig die Frage, ab wann mögliche Ansprüche von Kunden auf Entschädigung verjähren und ob sie Nutzungsabschläge zahlen müssen. Betriebsratschef Bernd Osterloh erklärte im VW-Intranet, er halte den vzbv-Vergleich für attraktiv - das zeige die Resonanz der Kunden auf die außergerichtliche Lösung.
Wie war die Vorgeschichte?
In den USA, wo die Abgasaffäre im September 2015 ans Licht gekommen war, hatte VW Verbraucher, Händler und Behörden mit Milliardensummen entschädigt. Es gab heftige Kritik daran, dass der Konzern dies in anderen Ländern nicht in ähnlichem Umfang tat - es wäre womöglich aber auch an die finanzielle Substanz gegangen. Tausende Kunden in Deutschland entschlossen sich zu individuellen Klagen. Der vzbv zog mit einem Musterfeststellungsverfahren stellvertretend für mehrere Hunderttausend Dieselfahrer vor Gericht. VW zögerte bei dem Vergleich lange mit Verweis auf die vielen unterschiedlichen Einzelfälle.