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X-Klasse: Macht Mercedes den Pickup salonfähig?

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Weltpremiere neue Mercedes-Benz X-Klasse, Kapstadt, 2017
Weltpremiere der X-Klasse in Kapstadt © Daimler AG

Ein Pick-Up in diesen turbulenten Autozeiten? Ja, sagt Mercedes. Mit der X-Klasse soll sich eine Marktlücke schließen. Wir sind im neuen Benz-Truck mitgefahren.

Langsam wird es eng für Mercedes: Viele Marktlücken gibt es nicht mehr für die Stuttgarter, eine der letzten schließen sie jetzt mit der X-Klasse: Ein Pick-Up ,der gleichzeitig als motorisiertes Arbeitspferd dient, aber auch einen hohen Lifestyle-Faktor hat. Wir sind schon mal als Co-Pilot im brandneuen Mercedes mitgefahren.

Mercedes X-Klasse: Goldene Zeiten für das Midsize-Segment?

Eine ganz neue Baureihe? Einfach so und nur der eventuell visionär orientierten Laune eines Konzernchefs folgend, wird so etwas heutzutage ja nicht mehr aufgelegt. Da muss als erstes die globale Marktforschung ran. Und die gab für den Mercedes-Pritschenwagen grünes Licht. Sie prophezeit den Pick-ups im sogenannten Mid-Size-Segment goldene Zeiten, schließlich soll der weltweite Absatz mit den Kernmärkten Europa, Ozeanien und Lateinamerika auf 3,2 Millionen Fahrzeuge steigen, das wäre knapp ein Million mehr als heutzutage und eine Steigerung um 43 Prozent.

Lifestyle - Mountainbike auf die Ladefläche, dann ins Café um die Ecke

Dass die X-Klasse (noch) nicht in den USA angeboten wird, hat mit den dort sinkenden Absatzzahlen dieser Fahrzeugklasse zu tun. Hier ging die Nachfrage rapide von 800.000 auf 200.000 zurück. Treu bleiben die Amerikaner nur den ganz dicken Dingern: F150, RAM und Konsortien kommen hier auf knapp 2,5 Millionen Autos jährlich. Wenn eine neue Baureihe wie die X-Klasse ernsthaft erwogen wird, braucht es als nächstes das Marketing – noch bevor das erste Lastenheft angedacht ist. Für wen wird so ein Auto gebaut, wann und vor allem warum? Auch hier gaben die Experten ein klares "Go":

. Weg vom reinen Baustellen- oder landwirtschaftlichen Fahrzeug hin zum Lifestyle-Objekt, bei dem man ganz einfach sein Mountainbike auf die Ladefläche wirft, bevor man noch einen Cappuccino bei Luigi um die Ecke trinkt.

Arbeitstier, Familienkutsche und Luxuskarosse zugleich

Sobald Lifestyle und Luxus ins Spiel kommen, ist auch Daimler mit von der Partie. Dabei will man mit verschiedenen Ausstattungsvarianten alle Bedürfnisse befriedigen. Die X-Klasse soll in einer Basisversion sowohl auf der Baustelle daheim sein als auch – dann in einer schickeren Variante – bei der modernen Familie, die im Speckgürtel der Großstädte lebt. Abenteurer und Individualisten, die sich ihre X-Klasse dank verschiedener Ausstattungsmerkmale und Accessoires als ganz eigenes Fahrzeug zusammenstellen lassen können, sind ebenfalls im Visier. Bevor so eine neue Baureihe dann endgültig an den Start geht, kommen noch die Damen und Herren von der Buchhaltung und prüfen die wirtschaftliche Ausrichtung eines solchen Projekts: Hier, so vermuten wir, saßen dann doch ein paar Skeptiker, denn statt die Baureihe komplett neu aufzusetzen, hat Mercedes auf einen alt bekannten Kooperationspartner aus Fernost zurückgegriffen: Nissan.

Japaner mit Mercedes-Stern?

Die Japaner haben mit dem Navarra bereits ein erfolgreiches und auch ausgereiftes Produkt im Angebot. Warum nicht auf Grundkomponenten zurückgreifen und so einfach, schnell und vor allem günstig in den Markt zu kommen? Böse Zungen behaupten ja, dass hier ein Nissan mit Mercedes-Stern steht. Das ist aber ein Stück weit Unfug, denn dass ein hoher Anteil eines modernen Autos heutzutage zu einem großen Prozentsatz von Zulieferern bestritten wird, ist eine altbekannte Tatsache.

Und dass Mercedes hier auf gemeinsame Komponenten zurückgreift, muss ja nicht schlecht sein. Dafür gibt es hier auch so viel Mercedes wie noch nie fürs Geld. Mit rund 37.000 Euro startet die kleinste Version, der X 200d in der Baustellen-tauglichen Grundausstattung. Die Motoren, der 200er (163 PS) und der 250er (190 PS) stammen aus der Kooperation mit Nissan. Aber schon ab dem nächsten Jahr kommt der weithin bekannte Daimler-Sechszylinder (V6, 258 PS) mit Permanent-Allradantrieb. Und dass irgendwann ein Lifestyle-Objekt a la AMG anrollt, ist bei den Stuttgartern stark zu vermuten.

Durch den Design-Wolf gedreht

Ansonsten gilt bei der X-Klasse: Alles, was man sehen und fühlen kann, wurde von Mercedes designt und nach den Maßstäben von Mercedes-Ingenieuren entwickelt. Und das merkt man auch. Ein Mercedes ist ein Mercedes. Da klappert nichts auf dem Testparcours, die Motoren sind so gedämmt, dass Limousinengefühl aufkommt, und die Blattfedern wurden durch moderne Rundfedern ersetzt. Dass die X-Klasse auch beim Chassis im Vergleich zum Navarra gewachsen ist, kommt dem Komfort angenehm zugute. Zu guter Letzt wird so ein Produkt durch den globalen Design-Wolf gedreht, bevor es das Licht der Welt erblickt. Die Daimler-Studios weltweit haben sich Gedanken zu diesem ambitionierten Projekt gemacht. Die Formensprache pendelt zwischen den Gegensätzen heiß und cool, tough aber elegant. Dabei haben die klaren Linien gesiegt.

So steht die brandneue X-Klasse jetzt vor uns: Prächtig und bullig wie ein Rhinozeros und trotzdem elegant und filigran wie eine Giraffe, die durch die Savanne streift. Bei der Mitfahrt fällt auf: Die X-Klasse ist auf dem Asphalt genauso daheim, wie im Matsch, im Dreck, in Flussläufen oder ganz oben auf der Hügelspitze, einen Wimpernschlag bevor der Pritschenwagen ins vermeintliche Nichts kippt, aber die 360-Grad-Kamera schon sieht, dass die Straße tatsächlich weitergeht. Schon cool. Der Komfort ist dabei garantiert, die Offroad-Tauglichkeit unter Beweis gestellt und bewährt. Insofern kann man sich gut vorstellen, dass Mercedes den Pick-up salonfähig macht. Früher haben die Entscheider vielleicht einen SUV gefahren, um aufzufallen. Vielleicht fahren sie morgen statt eines SUV (Sports utility vehicle) einen UT (Utility Vehicle). Und dann wird es aber auch wieder spannend, wo die nächste Marktlücke entsteht. Und wie Daimler sie füllen will.

RDF

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