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Coronavirus: "Mehrzahl der Patienten stirbt plötzlich zu Hause" - Häufigste Todesursache bisher unterschätzt

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Im Interview kritisiert der Schweizer Universitätsmediziner Nils Kucher das bisherige Vorgehen bei Covid-19-Erkrankungen. Die häufigste Todesursache werde bisher deutlich unterschätzt.

Das Coronavirus* breitet sich weiterhin auf der gesamten Welt aus, weil bisher kein geeigneter Wirkstoff gefunden worden ist. Neben der bisher vermuteten Todesursache durch eine Lungenentzündung, verdichten sich die Erkenntnisse, dass eine ganz andere Ursache im Körper bei den meisten Patienten zum Tod führt.

Coronavirus: Schweizer Mediziner Nils Kucher nennt Lungenembolie als häufigste Todesursache

Der Schweizer Mediziner Professor Nils Kucher arbeitet am Universitätsspital Zürich und hat in einem Interview mit welt.de die Vorgehensweise des Robert Koch-Instituts kritisiert, sowie die häufigste Todesursache durch das Coronavirus bestätigt.

So sei bei vielen Patienten nicht das hohe Fieber und eine Lungenentzündung der Grund für einen tödlichen Verlauf der neuartigen Krankheit. Vielmehr wurde bei "dramatisch vielen" obduzierten Patienten eine Lungenembolie festgestellt.

Bevor eine Lungenembolie zum Tod führen kann, müssen Blutgerinnsel, auch Thrombosen genannt, im Blutkreislauf entstehen. Diese Blutgerinnsel* bilden sich meist in den Bein-Venen, lösen sich irgendwann plötzlich ab und werden durch das Herz in die Lunge gepumpt, wo sie dann die dünnen Blutgefäße verstopfen. Die Verstopfungen führen dann zu Atemnot, Brustschmerzen und im schlimmsten Fall zum Tod.

Lesen Sie auch: Neben gefährlicher Lungenentzündung: Ärzte beobachten neue Komplikation einer Coronavirus-Infektion

Coronavirus falsch behandelt - Kein Schutz vor Thrombose und Lungenembolie

Der Schweizer Mediziner Nils Kucher erklärt im welt.de-Interview die Ursache für die wohlmöglich tödlichen Thrombosen. Das Coronavirus würde nach neuesten Erkenntnissen nicht nur an Gefäßwände der Lunge andocken, sondern auch an die meisten anderen Organe des Körpers, wie etwa der Leber oder dem Darm. Hier lösen die Viren eine Entzündung aus und veranlassen die Gefäße der Organe, blutgerinnende Stoffe in einer Überreaktion auszuscheiden. Durch die Blutgerinnung entsteht dann die gefährliche Thrombose. Beobachtete Coronavirus-Patienten entwickeln nach neuer Erkenntniss besonders viele dieser gefährlichen Blutgerinnsel.

Nils Kucher kritisiert deshalb die aktuelle Vorgehensweise bei Coronavirus-Diagnosen. Nach einem Abstrich würden die meisten Patienten wieder nach Hause in die Selbst-Quarantäne geschickt, ohne jedoch das Risiko einer Thrombose oder Lungenembolie untersucht zu haben. "Menschen werden schutzlos nach Hause geschickt", so Kucher. Denn aktuell werden nur fiebersenkende Mittel an die Patienten ausgegeben, jedoch keine blutverdünnenden Mittel, die einer Lungenembolie vorbeugen. "Wir denken, die überwiegende Mehrzahl der Patienten stirbt plötzlich zu Hause."

Ein behandelnder Arzt zeigt auf die CT-Aufnahme der Lunge eines Patienten, der sich mit dem Coronavirus infiziert hat.
Ein behandelnder Arzt zeigt auf die CT-Aufnahme der Lunge eines Patienten, der sich mit dem Coronavirus infiziert hat. © picture alliance/dpa

Weltweit falsche Empfehlungen bei Coronavirus-Behandlung?

Nach internationalen Richtlinien sei es laut Nils Kucher aktuell nicht empfohlen, bei einer Coronavirus-Infektion mit Medikamenten einer Lungenembolie vorzubeugen. Nur in den Krankenhäusern erhielten die Patienten mittlerweile hochdosierte blutverdünnende Mittel, was aber den überwiegend zu Hause behandelten Patienten nicht helfen würde.

Nebenwirkungen würden laut Nils Kucher bei dieser Therapie nur in den seltensten Fällen vorkommen. Gleichzeitig würde es für viele Patienten, die sonst nur milde Coronavirus-Symptome haben, einen großen Schutz bedeuten. Denn auch ohne einen schwerwiegenden Verlauf, etwa durch eine Lungenentzündung, könnte das Virus im Körper zu vielen gefährlichen Blutgerinnseln führen. 

Um jedoch eine behördliche Empfehlung für diese Vorgehensweise erwirken zu können, müsse erst eine Studie vorgelegt werden. Ein Team um den Schweizer Mediziner führt deshalb seit Ende April eine Coronavirus-Studie an 1.000 Patienten durch, die nach Hoffnung der Forscher bald deutliche Beweise für eine solche Therapie liefern könnte. Für Nils Kucher steht jetzt schon fest: Patienten müssen ab sofort besser auf Lungenembolien getestet werden.

Weiterlesen: Coronavirus-Infektion beim Einkaufen vermeiden - diese Regeln sollten Sie kennen

nh

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