Bei der Suchtberatung «Die Tür» in Trier ist Ritalin kein Thema. «Es läuft nicht unter der Schublade Sucht», sagt Leiter Andreas Stamm. Ein größeres Problem sei der Konsum von Amphetaminen wie Pep oder Speed. Die würden von Konsumenten vor der Arbeit zur Steigerung der Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit genommen - und machten «sehr abhängig». Ein häufiges Muster bei Abhängigen sei zudem, dass sie abends etwas bräuchten, um «runterzukommen» - zum Beispiel Cannabis. «Also morgens einen Upper und abends einen Downer.»
Trend zur optimierten Gesellschaft
Es sei insgesamt ein Trend mit «besorgniserregenden Ausmaßen», sagt Franke, der vor kurzem das Buch «Hirndoping & Co. - Die optimierte Gesellschaft» (Springer) herausgebracht hat. «Wir leben in einer Leistungsgesellschaft, in der immer mehr Leistung gefordert wird und man immer besser werden muss», sagt er. Es komme aber ein Punkt, an dem gehe es nicht mehr besser. «Ich behaupte, diese Grenze ist allmählich erreicht.» Und da glaubten Konsumenten: «Diese Grenze kann ich nur überschreiten, zumindest eine Zeit lang, wenn ich etwas einwerfe.»
Hinzu komme, dass man heute auch neben der Arbeit was «leisten» wolle: in der Familie, bei Freunden, ja sogar im Urlaub: «Wenn Sie ein richtiger Mann sind, dann müssen Sie den Marathon schon mal gelaufen sein. Und Sie müssen im Urlaub gepostet haben, an welch abgefahrenen Locations Sie waren.» Und Fitness machen. «Das sind Dinge, die das menschliche Wesen irgendwann überfordern.» Den jungen Menschen gehe es ähnlich: Sie müssten neben Schule und Uni auf den Social-Media-Kanälen stets präsent sein und dabei möglichst gut rüberkommen. «Das ist ein enormer Druck.»
Alternativen zum Hirndoping? «Die gibt es schon, aber es geht nicht so schnell wie alles andere», sagt der Experte. Wenn große Examen bevorstehen, solle man sich «schlicht in Ruhe und mit Abstand» darauf vorbereiten. Das bedeute auch: Tür zu und Handy aus. Zur Entspannung seien autogenes Training und Yoga gut. Und Pausen, die Pausen sind. Ohne Besprechungen und ohne Joggen. «Einfach mal den lieben Gott einen guten Mann sein lassen.»