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Pausenlos quälender Pfeifton

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Schlaflos bei Tinnitus
Schlaflos bei Tinnitus © re

Es zischt, rauscht, brummt und pfeift permanent. Der Ausdruck Tinnitus leitet sich aus dem Lateinischen ab und bedeutet „Klingen“. Für Betroffene ist das Pfeifgeräusch im Ohr eine Qual.

Die Betroffenen werden gequält von Hörsensationen, die nichts mit dem Schall aus der Umgebung zu tun haben, sondern auf einer Störung der Hörfunktion beruhen. Es findet sich oft kein reales Geräusch, das denselben Höreindruck wie der Tinnitus verursacht, es ist so individuell wie der Betroffene.

Der Tinnitus ist als Symptom einer Störung des komplexen Hör- und Gleichgewichtapparates und wahrscheinlich seiner Verarbeitungsbahnen sowie Zentren im Hirn aufzufassen. Entsprechend kann diese Schädigung zusätzlich mit Hörstörungen oder Schwindelbeschwerden einhergehen: Symptome, die bei akutem Auftreten häufig auch unter der Diagnose Hörsturz eingeordnet werden. Tinnitus ist somit als ein Symptom einer möglicherweise komplexeren Erkrankung aufzufassen, häufig bleibt es jedoch die einzige Auswirkung. Die Folgen für die Betroffenen können gravierend sein.

Schlafstörungen, Angstzustände, Depressionen

Es drohen Schlafstörungen, Angstzustände, Depressionen, Konzentrationsstörungen, die Leistungs- und Arbeitsfähigkeit kann erheblich beeinträchtigt werden, sogar Selbstmordgedanken kommen im Extremfall auf. Diese Auswirkungen wiederum wirken unter Umständen wie in einem Teufelskreis verstärkend auf das Ohrensausen. Die Beeinträchtigung durch die Ohrgeräusche ist individuell sehr verschieden. Manche Menschen „erfahren“ einen Tinnitus ohne Leidensdruck, andere leiden sehr. Die Höhe des Leidensdrucks versucht man mit entsprechenden Handicap-Fragebögen zu erfassen.

Danach ergibt sich dann eine kennzeichnende Gradeinteilung (I bis IV) und eine Einteilung in einen sogenannten kompensierten bzw. dekompensierten Tinnitus: Beim kompensierten Tinnitus nimmt der Betroffene das Geräusch wahr, kann jedoch damit umgehen, es kommt nicht zu gesundheitlichen Problemen. Der dekompensierte Tinnitus ist gekennzeichnet durch ausgeprägte Auswirkungen auf die Gesundheit und einen hohen Leidensdruck bis hin zur Berufsunfähigkeit, dann einem Grad IV entsprechend. Das Maß der Beeinträchtigung und die Störung der Lebensqualität korrelieren, wie Studien zeigen, nicht mit Kriterien wie Lautheit, Typ oder Dauer des Ohrensausens. Zwischen 10 und 20 Prozent der Bevölkerung sind mehr oder weniger dauerhaft von Tinnitus betroffen, bei fast 40 Prozent tritt mindestens einmal im Leben eine Episode mit Ohrgeräuschen auf.

Jedes Jahr 270 000 neue Betroffene

In Deutschland erkranken jährlich ungefähr 270 000 Menschen neu an Ohrensausen. Ohrgeräusche kommen häufiger bei Frauen als bei Männern vor, und die Häufigkeit nimmt im Alter zu. In den letzten Jahrzehnten scheint die Zahl der Tinnituspatienten mit entsprechender Beeinträchtigung stetig anzusteigen, in den Industrieländern muss man von einer Volkskrankheit ausgehen. Möglicherweise steigt jedoch auch nur die Zahl derjenigen, die ärztliche Hilfe aufsuchen. Der Tinnitus wird heute, wegen der Konsequenzen für die Diagnostik und Behandlung, nach verschiedenen Kriterien eingeteilt. Das Geräusch kann in seiner Intensität gleichbleibend sein, es kann jedoch auch einen rhythmisch-pulsierenden Charakter haben.

Am Häufigsten zeigt sich der Tinnitus in Form eines hochfrequenten Geräusches; eines Pfeiftones. Abhängig von der Bestehensdauer des Symptoms unterscheidet man einen akuten (bis drei Monate), einen subakuten (drei bis sechs Monate) und einen chronischen Tinnitus (mehr als sechs Monate). In der akuten und subakuten Phase kommt es häufig zu einer spontanen Heilung oder Besserung.

Geringe Heilungschancen

Je länger der Tinnitus besteht, desto höher ist jedoch die Wahrscheinlichkeit, dass er dauerhaft zum Problem wird. Kann der Arzt das Ohrgeräusch zumindest mit technischen Hilfsmitteln feststellen, handelt es sich um einen so genannten objektiven Tinnitus. Nimmt ihn nur der Patient war, bezeichnet man ihn als subjektiv. Als Ursache kommen alle Erkrankungen des Mittel- und des Innenohres sowie der weiterleitenden Hörbahn in Frage , darüber hinaus alle schädigenden Einflüsse, die in diesem Bereich wirksam sein können.

Hier finden sich akute und chronische Erkrankungen des Ohres, degenerative Veränderungen zum Teil unklarer Ursache, Folgen von Durchblutungsstörungen, Medikamente, Erkrankungen der Halswirbelsäule, des Kiefergelenkes und viele weitere Störungen, die die Funktion des Ohres beeinträchtigen können – unter anderem auch emotionale Belastungssituationen. Eine große Rolle spielen schädigende Einflüsse, und hier ist in erster Linie der Lärm zu nennen. Akute und insbesondere chronische Lärmeinwirkungen spielen eine immer größere Rolle im täglichen Leben. Damit steigen auch ihre Auswirkungen auf die Gesundheit. Zusammengefasst ist die Ursachensuche beim Tinnitus ebenso wichtig, wie sie sich schwierig gestaltet. Sie ist aber unabdingbar für die Therapie.

Von Dr. Hans-Heiner Fastenau

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