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Schlaganfall: Die ersten drei Stunden entscheiden

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Auf dem Display eines Magnetresonanztomographen sieht man ein Gehirn. Die Forscher der Uni Jena haben heruasgefunden, dass das Gehirn kurz nach einem Schlaganfall extrem lernfähig ist, das könnte die Therapie beeinflussen.
Auf dem Display eines Magnetresonanztomographen sieht man ein Gehirn. Die Forscher der Uni Jena haben heruasgefunden, dass das Gehirn kurz nach einem Schlaganfall extrem lernfähig ist, das könnte die Therapie beeinflussen. © dpa

Schlaganfälle gehören zu den häufigsten Ursachen von Krankheit, bleibender Behinderung und Tod in Deutschland. Jeder kann aber dazu beitragen, sein eigenes Schlaganfallrisiko zu senken. Die ersten Stunden sind entscheidend.

Jährlich ereignen sich in Deutschland rund 200.000 Schlaganfälle. Die Häufigkeit steigt mit dem Lebensalter.

Was ist eigentlich ein Schlaganfall?

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Ein Schlaganfall ist eine „schlagartig“ auftretende Störung von Gehirnfunktionen, die durch eine Schädigung der Hirngefäße und der Blutversorgung des Gehirns verursacht ist. Weitaus die meisten Schlaganfälle entstehen durch Durchblutungsstörungen des Gehirns infolge einer Verstopfung einer zuführenden Blutader. Ein kleinerer Teil entsteht durch eine Einblutung ins Gehirn infolge eines geplatzten Gefäßes.
Schlaganfälle sind keineswegs alle gleich. Hirnblutungen etwa können durch zerplatzte kleinste Gefäße, durch krankhafte Gefäßkonvolute oder durch kleine Aussackungen in den Adern entstehen, die undicht werden können. Verstopfungen der Gefäße können durch stecken gebliebene Blutgerinnsel aus dem Herzen oder den großen Gefäßen, durch Verkalkungen der Gefäßwand, Verstopfungen der Endäste des Gefäßbaums oder Einrisse in der Gefäßwand entstehen.

Auch Entzündungen und manche Stoffwechselerkrankungen können Schlaganfälle verursachen. Es bedarf oft aufwändiger Untersuchungen und spezialisierter Kenntnisse, um die genaue Ursache zu klären und die richtige Therapie einzuleiten.

Woran erkennt man einen Schlaganfall?

Entscheidend ist das plötzliche, schlagartige Auftreten der Beschwerden – jemand ist „vom Schlag gerührt“. Die Symptome entstehen scheinbar aus dem Nichts und ohne Vorboten. Nur ganz selten können Beschwerden stotternd zunehmen.

Die Art der Beschwerden ist allerdings so vielfältig wie die Funktionen des Gehirns: Es können dies eine plötzliche Schwäche einer Körperseite sein, eine plötzliche Ungeschicklichkeit, Unfähigkeit zu Greifen oder ein plötzlich nachhängendes Bein. Oder eine plötzliche Taubheit einer Körperseite. Oder ein plötzliches Doppeltsehen. Oder ein plötzlicher Sehverlust, sei es, dass ein Auge blind ist. Oder ein plötzlicher Verlust der Sprache und der Handlungsfähigkeit. Es können aber auch ganz unvermittelt Wesensänderungen sein, die der oder die Betroffene manchmal gar nicht selbst bemerkt. Im schlimmsten Fall ist es der plötzliche Bewusstseinsverlust oder sogar der Tod.

Was tun, wenn ein Schlaganfall eingetreten ist?

Ein Schlaganfall ist ein absoluter Notfall. Die einzige richtige Handlungsweise ist die sofortige Verständigung eines Rettungswagens, vielleicht auch eines Notarztes. Deshalb gilt: Schlaganfall – 112! Für die Versorgung von Schlaganfallopfern gibt es in Deutschland spezialisierte Einheiten, Schlaganfall-Spezialstationen oder „Stroke Units“. Auf diesen Einheiten sind die notwendigen Sofortmaßnahmen in besonderer Weise eingeübt, um eine möglichst schnelle sachgerechte Behandlung zu ermöglichen.

In der Regel nur in den ersten drei Stunden ist es nämlich in spezialisierten Abteilungen möglich, Blutgerinnsel, die ein Gefäß verstopfen, mit Medikamenten aufzulösen. Durch diese Therapie kann manchmal bedrohtes Hirngewebe gerettet und eine Heilung ermöglicht werden. Eine solche Behandlung ist allerdings keineswegs bei allen Betroffenen möglich und sinnvoll. Es bedarf jedoch der unverzüglichen Diagnostik und fachlichen Beurteilung, um diejenigen Personen zu identifizieren, die davon profitieren können.

Aber auch wenn eine solche „Lysetherapie“ nicht möglich ist, bieten Schlaganfall-Spezialstationen Vorteile: Hier erfolgt eine engmaschige Überwachung, weitere diagnostische Maßnahmen ermöglichen eine möglichst frühzeitige Ursachenklärung und Einleitung der weiteren Therapie, und ein multiprofessionelles Team aus Therapeuten, Pflegenden und Ärzten beginnt vom ersten Tag an mit rehabilitativen Maßnahmen, um die Erholung bestmöglich zu unterstützen. Neben den regionalen Schlaganfalleinheiten gibt es überregionale Schlaganfalleinheiten, in denen besondere interdisziplinäre Behandlungsmöglichkeiten wie etwa neuro- oder gefäßchirurgische Maßnahmen vorgehalten werden.

Wie gefährlich sind kurz dauernde Durchblutungsstörungen des Gehirns?

Nicht alle Durchblutungsstörungen des Gehirns führen gleich zu einem großen Schlaganfall. Es ist durchaus häufig, dass eine solche Störung nur ganz kurz anhalten kann. Dann kommt es zu schlagartigen Symptomen, die aber oft nur fünf oder zehn Minuten anhalten, meist jedenfalls unter einer Stunde. Man nennt dies „flüchtige Insulte“. Auch wenn gleich wieder alles vorbei ist, sind solche Störungen jedoch sehr gefährliche Vorboten eines drohenden Schlaganfalls. Wir wissen, dass zehn bis 15 Prozent der betroffenen Personen innerhalb von drei Monaten einen Hirninfarkt erleiden, mit dem größten Risiko am Anfang.

Einzig richtig ist daher auch hier, sich unverzüglich in sachkundige Behandlung zu begeben. Dies lohnt sich: In England konnte eine Verkürzung der Zeit zwischen Ereignis und Therapie von 20 auf einen Tag eine Reduktion der Schlaganfallrate nach einem flüchtigen Insult um etwa 80 Prozent bewirken.

Von Prof. Dr. Reinhard Kiefer

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