Achtsamkeit ist ein guter Weg. Dafür gibt es mittlerweile Planer, die man sich kaufen oder ausdrucken, oder Apps, die man herunterladen kann. Auch Meditation ist hilfreich. Oder ganz banal: eine Skala machen von 1 (sehr schlecht) bis 10 (sehr gut) und täglich eintragen, wie es einem geht. Das hilft, zu reflektieren. Denn normalerweise antworten wir auf die Frage «Wie geht es dir?» reflexartig «gut» - ohne darüber nachzudenken, wie es wirklich in uns aussieht.
Was kann ich tun, wenn ich dabei feststelle, dass es mir häufig schlecht geht? Wie finde ich heraus, ob ich eine Therapie machen muss oder ob es sich um ganz normale Launen handelt?
Es gibt seit über einem Jahr eine psychotherapeutische Sprechstunde. Die wird vermittelt über die kassenärztlichen Vereinigungen. Da kann man bei den Terminservicestellen anrufen und sich binnen vier Wochen einen Termin bei einem Psychotherapeuten in der Nähe vermitteln lassen. Der bietet ein Erstgespräch an und schätzt dann ein, ob es sich um eine behandlungsbedürftige Symptomatik handelt und was also zu tun ist: Abwarten? Eine ambulante Therapie oder besser stationär?
Es ist in Deutschland aber extrem schwierig, einen Therapieplatz zu bekommen. Wo soll man sich hinwenden, wenn man eine Therapie machen möchte?
Erstmal am besten auf die Warteliste bei mehreren Therapeuten setzen lassen. Man kann auch bei der Krankenkasse nachfragen, denn manchmal haben die Mitarbeiter dort einen ganz guten Überblick. Interessant ist eventuell auch das Kostenerstattungsverfahren. Das läuft über Psychotherapeuten, die keinen Kassensitz haben. Die sind deshalb nicht schlechter, sie haben zum Beispiel bei der Vergabe der Sitze einfach Pech gehabt oder nicht die finanziellen Mittel, sich einen Sitz zu kaufen. Sie dürfen im Bedarfsfall über eine Sonderregelung auch Kassenpatienten behandeln. Einige Krankenkassen erschweren das neuerdings leider.
Für die Zeit bis man einen Therapieplatz hat, kann man auch über eine Online-Therapie nachdenken. Ich habe gehört, dass ein paar Versicherer solche Angebote unterstützen. Zudem besteht die Möglichkeit, sich an eine Institutsambulanz zu wenden oder sich einer Selbsthilfegruppe anzuschließen. Ansonsten gibt es noch die Telefonseelsorge und Onlineberatungsstellen.
Idealerweise kommt es gar nicht erst soweit. Kann man auch selbst dazu beitragen, dass die Seele gesund bleibt?
Zuerst ist wichtig: Es kann in unserem Leben immer wieder Vorkommnisse oder Bedingungen geben, die unsere psychische Gesundheit gefährden. Das haben wir nicht immer in der Hand. Jemandem, der nach einem schweren Schicksalsschlag eine Depression bekommt, kann man hinterher nicht sagen: Hättest du mal mehr Sport gemacht! Das wäre vermessen. Die Entstehung einer psychischen Erkrankung hat meist mehrere Ursachen.
Es gibt trotzdem ein paar Dinge, die man selbst tun kann, um die Chancen zu erhöhen, dass man gesund bleibt oder die man tun kann, wenn man bereits erkrankt ist: Darauf achten zum Beispiel, was und wer einem gut tut. Nein sagen, wenn einem jemand zu nahe kommt oder man etwas nicht möchte. Sport tut gut, er hilft gegen depressive Episoden. Sonne ist gut für die Psyche. Aber auch, dass man sich kreativ ausdrücken kann und seinen Gefühlen Raum gibt - sei es über Musik oder was immer einem liegt. Auch der Austausch mit Freunden ist wichtig. Wer das mag, kann Achtsamkeitsübungen in den Alltag integrieren. Die sind ganz einfach und kosten nicht viel Zeit.
ZUR PERSON: Lena Kuhlmann wurde 1985 geboren und ist approbierte Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin mit tiefenpsychologischem Schwerpunkt in Frankfurt/Main und Berlin. Sie schreibt Artikel rund um die Psyche und bloggt unter freudmich.wordpress.com.
Literatur:
Lena Kuhlmann: Psyche? Hat doch jeder. Eden Books. 256 S. 16,95 Euro, ISBN-13: 9783959101509, erscheint am 03.08.2018.
Lena Kuhlmanns Blog "freud mich"