Tarifexperte Reinhard Bispinck vom gewerkschaftsnahen Böckler-Institut hält das für kontraproduktiv. „Angesichts der gestiegenen Arbeitsbelastung und Leistungsverdichtung muss das Thema 'Arbeitszeitverkürzung' wieder auf die Tagesordnung gesetzt werden.“ Psychologe Nachreiner wird deutlicher: „Dahinter steckt die dämliche Annahme, dass Menschen wie Maschinen arbeiten, die Arbeitsmenge oder Leistung also proportional zur Arbeitszeit ist. Das ist nun definitiv nicht so, weil es sich bei Menschen um biologische, rückgekoppelte Systeme handelt, die nichtlinear funktionieren. Die Leistung sinkt mit zunehmender Dauer der Arbeitszeit überproportional ab.“
Eher um die gerechte Verteilung von Arbeit geht es den Unterzeichnern eines Aufrufes zur Einführung der 30-Stunden-Woche, die insbesondere bei der Partei der Linken und im Netzwerk „Attac“ Unterstützung findet. Solange wegen der gestiegenen Produktivität ein Überangebot an Arbeitskraft bestehe, so ihre Überzeugung, seien gesellschaftliche Probleme wie Massenarbeitslosigkeit und prekäre Beschäftigung nicht zu lösen. Die Gewerkschaften zeigten den Unterzeichnern aber die kalte Schulter und verwiesen auf ihre Tarifautonomie. Und in den laufenden Tarifverhandlungen geht es in allererster Linie ums Geld.
dpa