1. Startseite
  2. Leben
  3. Karriere

Gibt es bald kein Homeoffice mehr? Düstere Aussichten nach Zeiterfassungs-Urteil

KommentareDrucken

Was passiert mit dem Homeoffice nach dem EuGH-Urteil im Mai?
Was passiert mit dem Homeoffice nach dem EuGH-Urteil im Mai? © dpa/Daniel Naupold

Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom Mai fürchten viele Arbeitgeber und -nehmer die Stechuhr. Aber wie sieht es mit Homeoffice und Reisezeiten aus?

Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) könnte die Arbeitswelt nachhaltig verändern. Demnach sollen Arbeitgeber in Zukunft die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter lückenlos erfassen, um festzustellen, ob Überstunden entstehen. Bisher war nur vorgeschrieben, dass Überstunden erst nach der Regelarbeitszeit - also in der Regel acht Stunden - dokumentiert werden sollten. Neben einem hohen Verwaltungsaufwand fürchten Arbeitgeber und Arbeitnehmer aber auch andere Probleme. Wie sieht es zum Beispiel mit Homeoffice aus? Oder mit Reisezeiten, die im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses anfallen - zu einem Kunden in etwa?

Homeoffice-Aus? Darum kann das EuGH-Urteil problematisch sein

"Die Vertrauensarbeitszeit ist faktisch tot", erklärte Peter Schrader, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Laborius in Hannover der Süddeutschen Zeitung in einem Interview Ende September. Durch das EuGH-Urteil seien nun viele Unternehmen damit beschäftigt Zeiterfassungssysteme zu installieren, mit denen sich Mitarbeiter an- und abmelden können. Aber gerade bei Beschäftigten, die viel Zeit im Homeoffice verbringen oder ihre Arbeitszeit frei einteilen, stellt dies einen enormen Zeit- und Kontrollaufwand dar, wie der Jurist anmerkt. 

Zwar können Arbeitgeber die Dokumentation der Arbeitszeit an die Mitarbeiter delegieren, doch Stichproben seien dennoch nötig. Obendrein stellt sich die Frage, ob eine solche Umverteilung der Aufgaben überhaupt erlaubt sei - schließlich stehen laut EuGH die Arbeitgeber in der Pflicht: "Die Meinungen in der arbeitsrechtlichen Literatur sind geteilt", erklärt Schrader im Interview mit der SZ dazu. "Die Tendenz scheint dahin zu gehen, die Eigenaufzeichnungen der Arbeitnehmer für ausreichend zu halten. Auch vor dem Hintergrund, die Arbeit in einem Homeoffice, aber auch mobiles Arbeiten allgemein nicht gänzlich unzulässig zu machen." Alternativ könne Homeoffice oder mobiles Arbeiten komplett aufgegeben werden, doch das wäre in niemandes Interesse. 

Ebenfalls spannend: Das ist erlaubt trotz Krankschreibung.

Zeiterfassung: Werden Reisezeiten auch zur Arbeitszeit?

Auch Dienstreisen würden ein Problem darstellen - insbesondere bei Langstreckenflügen: "Wäre bei Interkontinentalflügen tatsächlich jede verbrachte Stunde Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes, müsste der Arbeitnehmer nach acht, maximal zehn Stunden die Reise unterbrechen, um seine Ruhezeit von elf Stunden einzuhalten."

Diesbezüglich ist noch nichts in Stein gemeißelt, aber eins wird deutlich: Es besteht noch viel Aufklärungsbedarf nach dem EuGH-Urteil im Mai. Wann die Zeiterfassung offiziell Pflicht wird, steht noch nicht fest. Sie ist erst gültig, wenn der Bundestag das Urteil als Gesetz verabschiedet - bis zum Ende des Jahres könnte es soweit sein.

Lesen Sie auch: Muss mir mein Arbeitgeber für Arzttermine frei geben?

Wollen Sie über aktuelle Karriere-News auf dem Laufenden bleiben? Dann folgen Sie unserer Branchenseite auf dem Karriereportal Xing.

Auch interessant

Kommentare