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Den Kopf morgens auf Arbeit einstellen

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Sich morgens wieder mit der Arbeit zu «verbinden», ist genauso wichtig, wie nach Feierabend vom Joballtag abzuschalten. Berufstätige können dazu zum Beispiel beim Frühstück die To-do-Liste für den Tag durchgehen. Foto: Christin Klose
Sich morgens wieder mit der Arbeit zu «verbinden», ist genauso wichtig, wie nach Feierabend vom Joballtag abzuschalten. Berufstätige können dazu zum Beispiel beim Frühstück die To-do-Liste für den Tag durchgehen. Foto: Christin Klose © Christin Klose

Sich schon beim Frühstück Gedanken über Arbeit machen - das klingt anstrengend. Die Arbeitspsychologin Sabine Sonnentag aber sagt: Das ist ebenso wichtig wie das abendliche Abschalten. Und wer es richtig macht, ist den Herausforderungen des Arbeitstags besser gewachsen.

Mannheim (dpa/tmn) - Nach der Arbeit abzuschalten, ist wichtig. Das wissen die meisten, auch wenn es sich nicht immer einfach umsetzen lässt. Doch zu bestimmten Zeiten kann genau das Gegenteil hilfreich sein, um einen produktiven Arbeitstag zu haben.

Wer sich schon vor Arbeitsbeginn mental darauf einstellt, ist mit mehr Energie bei der Sache. Das legt zumindest eine Studie nahe, die Sabine Sonnentag, Inhaberin des Lehrstuhls für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Mannheim, und ihr Team durchgeführt haben. Die Professorin erklärt im Interview, warum das so ist, und wie jeder Einzelne das in seinen Alltag integrieren kann.

Frau Sonnentag, warum genau ist es gut, sich schon vor der Arbeit gedanklich damit auseinanderzusetzen?

Wir wissen aus zahlreichen Studien, dass es wichtig ist, abends von der Arbeit abzuschalten. Unsere jüngste Untersuchung gibt Hinweise darauf, dass sich Menschen morgens auch wieder mit ihrer Arbeit verbinden müssen. Wer sich morgens mental mit seinen Arbeitsaufgaben für den Tag auseinandersetzt, geht dann insgesamt engagierter durch den Tag.

Was bedeutet «engagiert sein» denn?

Der englische Begriff «Engagement» meint in diesem Zusammenhang, dass man mit viel Vitalität, also Energie, bei der Arbeit ist. Dazu gehört ebenfalls eine Art «Absorbiertsein», das heißt man arbeitet sehr fokussiert und konzentriert, lässt sich nicht leicht ablenken. Und zuletzt zeichnet sich «Engagement» durch eine gewisse Hingabe aus, also der persönlichen Wahrnehmung, dass die eigene Arbeit eine Bedeutung hat.

Wie genau sieht dieses mentale Einstellen auf den Arbeitstag dann aus?

Da kommen mehrere Prozesse zusammen. Zunächst sollte man sich fragen: Welche Ziele möchte ich heute erreichen? Das Wort Ziel muss sich aber nicht gleich auf etwas ganz großes beziehen. Einen Bericht fertig machen oder einen Anruf tätigen - das kann schon ein Ziel sein. In der Alltagssprache wäre eher von einer Aufgabe die Rede.

Daneben ist es entscheidend, sich schon im Vorhinein auf die Aufgaben einzustellen - und zwar mit dem Gedanken: «Ich werde mich gut auf die Aufgabe konzentrieren können». Man könnte jetzt den Eindruck gewinnen, dass es vielleicht nicht nur positive Energie freisetzt, wenn ich schon morgens an eine unliebsame Aufgabe denke oder eine Person, die ich treffen muss - obwohl ich nicht möchte. Dadurch, dass man sich aber das Ziel einer Aufgabe vor Augen führt, gewinnt man Energie dafür.

Und das ist schon alles?

Nicht ganz. Man mobilisiert auch Ressourcen, wenn man sich schon morgens Gedanken macht, was man erreichen will. Man kann sich fragen: «Welche Hilfe brauche ich von anderen dafür?» und «Welche Freiräume muss ich mir schaffe, um meine Ziele zu erreichen?»

Wie können diese mentalen Prozesse ganz konkret aussehen?

Das kann ganz unterschiedlich sein. Ich kann eine To-do-Liste schreiben, eine bereits angefertigte To-do-Liste vor der Arbeit checken oder mir im Bus, der Bahn oder auf dem Fußweg zur Arbeit Gedanken darüber machen, welche Schwierigkeiten es heute in meinem Berufsleben geben könnte. Ein Gespräch mit dem Partner beim Frühstück über das was im Job ansteht kann genauso hilfreich sein, wie sich mit den Kollegen bei einer schnellen Tasse Kaffee über die Aufgaben des Tages auszutauschen.

Und wie stelle ich sicher, dass ich mich dann nicht schon vor der Arbeit völlig verrückt mache?

Diese Gefahr besteht tatsächlich. Es gibt da bestimmt große Unterschiede, wann und wie es für einen selbst gut ist, sich morgens schon mental mit der Arbeit auseinanderzusetzen. Für eine andere Person kann der gleiche Ansatz ganz falsch sein.

Meine Einschätzung ist: Wenn man sich darüber im Klaren ist, wie man es richtig macht, gibt es einem auch die Freiheit in der Freizeit nicht über die Arbeit nachzudenken. Denn dann weiß der Einzelne: Es gibt eine festgelegte Zeit, in der er sich über den Arbeitstag Gedanken machen kann. Etwa, jeden Morgen unter der Dusche, in den fünf Minuten, bevor der Arbeitstag startet oder zehn Minuten während der täglichen Bahn- oder Busfahrt ins Büro.

Artikel zur Studie (in Englisch)

Lehrstuhl Arbeitspsychologie Uni Mannheim

Pressemitteilung zur Studie

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