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Kündigung wegen Bagatelle: Reue zeigen kann helfen

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Weil er einen Kantinenbon über 80 Cent an seine Frau weitergegeben hat, wurde einem Mitarbeiter gekündigt. Das Arbeitsgericht Reutlingen erklärte die Bagatell-Kündigung für unwirksam.
Weil er einen Kantinenbon über 80 Cent an seine Frau weitergegeben hat, wurde einem Mitarbeiter gekündigt. Das Arbeitsgericht Reutlingen erklärte die Bagatell-Kündigung für unwirksam. © dpa

Stuttgart - Auch scheinbare Bagatellen am Arbeitsplatz können das Vertrauen schädigen - und die Kündigung bedeuten. Wie Arbeitnehmer sich am besten verhalten, wenn der Jobverlust droht...

Sechs Maultaschen, zwei Pfandbons oder eine Essensmarke - auch das Unterschlagen solcher Kleinigkeiten kann eine Kündigung rechtfertigen. Betroffene versuchen dann besser nicht, sich mit vorgeschobenen Ausflüchten herauszureden. Bessere Karten haben sie, wenn sie das Vergehen zugeben und sich umgehend entschuldigen.

“Einem reuigen Sünder wird in derartigen Fällen eher vergeben, als wenn jemand anfängt zu lügen“, erläuterte der Arbeitsrechtler Jobst-Hubertus Bauer aus Stuttgart im Gespräch mit dem dpa-Themendienst. Das Arbeitsgericht Reutlingen hat am Dienstag die Kündigung eines Mitarbeiters für unwirksam erklärt, der in der Kantine eine Essensmarke im Wert von 80 Cent für das Mittagessen seiner Lebensgefährtin eingelöst hatte. Damit verstieß er dem Gericht zufolge zwar bewusst gegen ein Verbot des Arbeitgebers. Da er sein Fehlverhalten aber umgehend eingeräumt hatte, sahen die Richter eine Kündigung als zu hart an.

An sich seien solche Bagatelldelikte durchaus Grund genug für eine fristlose Kündigung, erklärte Bauer, der Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein ist. “Es kommt in solchen Fällen nicht auf die Höhe des Schadens an. Es ist daher unerheblich, ob es um 50 Cent oder 500 Euro geht.“ Der Kern bei solchen Delikten sei vielmehr der seitens des Arbeitgebers entstandene Vertrauensverlust. Er falle geringer aus, wenn ertappte Mitarbeiter ehrlich bleiben und ihr Verhalten bedauern. “Einsicht wirkt daher entlastend.“

Für eine Kündigung müsse der Vertrauensverlust so groß sein, dass eine weitere Zusammenarbeit mit dem ertappten Mitarbeiter für den Arbeitgeber unzumutbar ist, erläuterte Bauer. Zeigt der Mitarbeiter aber aufrichtige Reue, seien die Chancen höher, dass eine Weiterbeschäftigung vom Gericht als zumutbar bewertet wird.

Umgekehrt machten Arbeitnehmer die Sache nur schlimmer, wenn sie ihr Vergehen zunächst leugnen oder die Schuld auf Kollegen schieben, warnte Bauer. Das sei zum Beispiel der Berliner Kassiererin “Emmely“ zum Verhängnis geworden. Sie war gekündigt worden, weil sie zwei Pfandbons im Wert von 1,30 Euro unterschlagen hatte. Die Richter hatten ihr vorgeworfen, eine Kollegin zu Unrecht angeschwärzt zu haben, und deshalb den Vertrauensverlust als besonders schwerwiegend angesehen. “Das macht den Unterschied zwischen dem 'Emmely'-Fall und dem jetzt verhandelten aus“, sagte Bauer. In solchen Fällen gelte daher der Satz: Ehrlich währt am längsten. 

dpa

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