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Urlaubstage ins nächste Jahr mitnehmen - darf der Chef das verbieten?

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Urlaub darf ins nächste Kalenderjahr mitgenommen werden. Aber haben Mitarbeiter auch ein Recht darauf oder dürfen Arbeitnehmer dies auch verbieten?
Urlaub darf ins nächste Kalenderjahr mitgenommen werden. Aber haben Mitarbeiter auch ein Recht darauf oder dürfen Arbeitnehmer dies auch verbieten? © Kay Nietfeld / dpa / lno

In den meisten Unternehmen gehört es zum guten Ton, dass Mitarbeiter ihren Resturlaub ins nächste Jahr mitnehmen dürfen. Aber gibt es darauf auch ein Recht?

"Bitte brauchen Sie Ihren Urlaub noch in diesem Jahr auf." Wer eine solche Mitteilung vom Chef erhält, dürfte erst einmal stutzen. Darf der Chef überhaupt verbieten, die Urlaubstage ins nächste Jahr mitzunehmen?

Gesetzeslage: Mitarbeiter müssen Urlaubstage bis 31. Dezember verbrauchen

Ja, denn Arbeitnehmer sind sogar dazu verpflichtet, ihren Urlaub bis 31. Dezember zu nehmen. "Ist nichts Abweichendes im Arbeitsvertrag vereinbart, muss der Urlaub grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden", berichtet Fachanwalt Andreas Walle gegenüber dem Focus.

Das steht so auch im Bundesurlaubsgesetz (§7 Abs.3): "Der Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen."

Kann Resturlaub verfallen? Neue Rechtsprechung vom Europäischen Gerichtshof

Obwohl es in den meisten Unternehmen üblich ist, dass Mitarbeiter ihren Resturlaub bis 31. März des darauf folgenden Jahres nehmen dürfen, haben sie also offiziell ein Verfallsdatum - im wörtlichen Sinne. Denn will etwa ein Mitarbeiter seinen Urlaub nicht nehmen, weil sonst seine Kollegen unter dem Arbeitspensum leiden würden, der muss damit rechnen, dass der nicht genommene Urlaub verfällt

Allerdings hat nun der Europäische Gerichtshof (EuGH) dieser Praxis einen Dämpfer verpasst. Laut einem Urteil vom November 2018 (Az.: C-619/16, C-684/16) darf der Resturlaub nicht mehr so einfach verfallen. Arbeitgeber sind vielmehr dazu verpflichtet, ihre Mitarbeiter auf ihren Resturlaub aufmerksam zu machen und auf den drohenden Verfall ausdrücklich hinzuweisen. 

Zwar sei diese Entscheidung bisher nicht ins deutsche Recht übertragen, doch dies wird vermutlich nur eine Frage der Zeit sein. "Noch bevor das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung zum Thema Urlaub voraussichtlich unionsrechtskonform ändern wird, werden sich die deutschen Arbeitsgerichte bereits sehr wahrscheinlich an der EuGH-Entscheidung orientieren", teilt der Hamburger Arbeitsrechtler Henning Müller von der Kanzlei Vangard dem Magazin impulse mit.

Lesen Sie auch: Welchen Urlaubsanspruch habe ich bei Kündigung?

Ausnahme: Urlaubstage ins nächste Jahr mitnehmen bei langer bzw. chronischer Krankheit

Doch Mitarbeiter haben durchaus eine Chance, ihren Urlaub doch noch ins nächste Jahr mitzunehmen - etwa wenn das Arbeitspensum sie daran hindert, den Resturlaub zu nehmen oder wenn sie lange krank waren und deshalb ihren Urlaub im laufenden Jahr nicht mehr vollständig nehmen können. Vor allem chronisch Kranke haben demnach das Recht, ihre verpassten Urlaubstage zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen

Nach einer Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts von 2012 (9 AZR 353/10) dürfen Langzeiterkrankte Ihren Urlaub bis zum 31. März des übernächsten Jahres verschieben. Danach verfällt auch dieser. Das Urteil bezieht sich allerdings auf den gesetzlichen Mindesturlaub (20 Urlaubstage bei einer Fünf-Tage-Woche). Alle Urlaubstage, die darüber hinaus gehen, verfallen bereits am Ende des Arbeitsjahres. 

Lesen Sie auch: Haben Mitarbeiter ein Recht auf unbezahlten Urlaub?

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