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Vulkanausbruch als Gründungsgrund: Uni Hohenheim wird 200

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Ein Vulkanausbruch 1815 in Indonesien und die daraus resultierende verheerende Hungersnot in Deutschland führte zur Gründung der Universität Hohenheim. Foto: Sina Schuldt/dpa
Ein Vulkanausbruch 1815 in Indonesien und die daraus resultierende verheerende Hungersnot in Deutschland führte zur Gründung der Universität Hohenheim. Foto: Sina Schuldt/dpa © Sina Schuldt

Welche Hochschule hat schon einen Vulkan als quasi Gründungsvater? Wo werden Kuhbürsten und Ohr-Chips für Schweine entwickelt? Wo lehrte (kurz) Wilhelm Carl Röntgen und wo wurde Winfried Kretschmann politisch? Herzlichen Glückwunsch zum 200sten, Universität Hohenheim.

Stuttgart (dpa) - Natürlich gibt es ältere Universitäten in Deutschland als die jetzt 200 Jahre alte rund um das spätbarocke Stuttgarter Schloss Hohenheim. Jedoch dürften nur wenige einen so außergewöhnlichen Gründungsgrund haben: einen Vulkanausbruch auf einer Insel in Indonesien.

Als im Jahr 1815 der Tambora auf Sumbawa explodiert, lässt die größte bisher dokumentierte Aschewolke im Jahr drauf in Europa den Sommer ausfallen. Dramatische Ernteausfälle hierzulande führen zur schlimmsten Hungersnot des 19. Jahrhunderts.

Preise für Grundnahrungsmittel steigen um 200 bis 500 Prozent. Brot wird aus Verzweiflung mit Blättern, Gras oder Sägemehl gestreckt. Während die Frau von König Wilhelm I. von Württemberg, Katharina Pawlowa, versucht, mit einer Wohlfahrtsinitiative die unmittelbare Not zu lindern, pusht der Monarch die Forschung und gründet 1818 eine landwirtschaftliche Unterrichts-, Versuchs- und Musteranstalt.

Eine nachhaltige landwirtschaftliche Produktivitätssteigerung, so verkündet der König, könne nur durch neues Wissen aus modernen Institutionen erreicht werden. Die spätere Universität Hohenheim ist geboren. Wie von Wilhelm I. erdacht, verstehe sich die Hochschule heute noch als «Innovations- und Ideenschmiede für die Belange der Gesellschaft», sagt Rektor Stephan Dabbert heute.

Auf der Homepage preist sich die Hochschule als «Silicon Valley des 19. Jahrhunderts». Die Hohenheimer Ackergerätefabrik entwickelt sich zum international gefragten Lieferanten innovativer Technologien. In alle Welt verschickt werden funktionsfähige Modelle zum Nachbau. Heute gilt die Forschungsstätte auch als Erfinder der Kuhbürsten und Gummi-Laufmatten, die sich zum Tierwohl in vielen Ställen finden. Aus dem Hause Hohenheim stammt auch ein Ohr-Chip, den der Landwirt für das Gesundheitsmonitoring von hunderten Schweine einsetzen kann.

Heute umfasst die Universität Hohenheim knapp 10 000 Studierende und mehr als 150 Professuren. Genau genommen ist der 200. Gründungstag erst im November, gefeiert wird aber das ganze Jahr. Am 17. Januar etwa wird zum Auftakt die Jubiläumsfahne auf der Schlosskuppel gehisst samt Jubiläumsjingle und Lichtshow.

Seit 50 Jahren darf man den Titel Uni tragen, mit drei Fakultäten für Agrar-, Natur- sowie Wirtschafts- und Sozialwissenschaft. Die Bezeichnung «Landwirtschaftliche Hochschule» rückt in Klammern, fällt später weg. Die Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät ist heute mit 45 Fachgebieten und 5300 Studierenden die größte. Laut Förderatlas der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) 2015 ist Hohenheim auf die Agrar- und Forstwissenschaften, Gartenbau und Tiermedizin fokussiert, belegt in diesem Fachgebiet nach der Uni Göttingen bundesweit mit einer Fördersumme von 12,1 Millionen Euro in den Jahren 2011 bis 2013 Rang 2. Insgesamt gab es in dieser Zeit Fördermittel von 20,7 Millionen Euro, was für Platz 60 von 86 reicht.

Der spätere Nobelpreisträger Wilhelm Carl Röntgen (1845-1923) lehrte 1875 hier, jedoch nur kurz. Sehr angetan soll der Physiker nicht gewesen sein. Anders als einer der aktuell bekanntesten Ehemaligen (Alumni): Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). «An der Universität Hohenheim begann vor mehr als 40 Jahren mein politisches Leben», erinnert sich der Politiker. «Die Zeit, die ich hier als Student verbracht habe, gehört zu meinen schönsten Lebensjahren.» Besonders geprägt habe ihn die strikt faktenorientierte Herangehensweise im Studium der Biologie und Chemie.

Als «national wie international gute Adresse» bezeichnet Professor Frank Ziegele, Geschäftsführer des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE), die Uni Hohenheim. «Sie ist im internationalen Vergleich unter anderem herausragend in Forschung und Internationalität», sagt Ziegele, der einst selbst hier studierte. Daten aus dem globalen Hochschulranking U-Multirank belegten vergleichsweise hohe externe Forschungsmittel. Sehr hoch sei zudem die Zahl wissenschaftlicher Artikel mit Zitaten aus Hohenheim. «Auch die große Zahl an Nachwuchswissenschaftlern und internationalen Wissenschaftlern zeigen die Stärken der Uni Hohenheim in diesen Feldern.»

Uni zum Jubiläumsjahr

Ranking CHE

DFG-Förderatlas

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