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"Begpacker": Touristen betteln in armen Ländern um Reisegeld - die Einheimischen sind erbost

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Immer mehr Touristen reisen ohne Geld in arme Länder - und wollen sich dort von den Einheimischen den Urlaub finanzieren lassen. (Symbolbild)
Immer mehr Touristen reisen ohne Geld in arme Länder - und wollen sich dort von den Einheimischen den Urlaub finanzieren lassen. (Symbolbild) © dpa/Boris Roessler

"Begpacker" besuchen arme Länder und betteln dort um Geld für ihre Reisen. Einige Behörden gehen nun gegen die dreisten Touristen vor.

Kein Geld für die Reise, aber darauf verzichten will man trotzdem nicht: Das Phänomen der "Begpacker" tritt derzeit vornehmlich in Südostasien auf. Dabei handelt es sich um Touristen aus eher wohlhabenderen Ländern, die für möglichst wenig Geld um die Welt reisen wollen - und anstatt dafür zu arbeiten, die perfekte Lösung offensichtlich darin gefunden haben, bei den Einheimischen um die Finanzierung zu betteln.

Die Reise- und Unterhaltskosten sind unter anderem auf Bali und in Thailand meist sehr niedrig, weshalb die Reisekasse mit wenigen Euro recht schnell gefüllt ist - doch gerade deshalb erscheint es umso dreister, auch noch Geld von der überwiegend am Existenzminium lebenden Bevölkerung zu erbetteln.

"Begpacker" basteln Schilder oder geben sich als Obdachlose aus

Der Begriff "Begpacker" setzt sich aus dem Wort "Backpacker" (Rucksackreisende) und "beg", also betteln, zusammen. Bei den "Begpackern" handelt es sich derzeit hauptsächlich um Touristen aus Australien, Großbritannien und Russland, wie Ngurah Rai Seti Budiwardoyo von der Einwanderungsbehörde in Bali laut Spiegel Online erklärt.

Diese sitzen mit Schildern in belebten Vierteln oder in der Einkaufspassage, auf denen "Helft uns, die Welt zu bereisen" oder "Ich reise um die Welt. Bitte unterstützt diesen Trip" steht. Zahlreiche Bilder dieser bettelnden Touristen schwirren nun in den sozialen Netzwerken, allen voran Instagram, herum und die Kommentare darunter fallen überwiegend kritisch aus: "In einem Land, in dem 220 Millionen Menschen in Armut leben, steht dieser Typ mit einer Flasche Mineralwasser vor dem Bahnhof (Anm. d. Red.: in Mumbai) und bittet um Geld für seine Weltreise."

Erfahren Sie hier: An diesem Urlaubsfoto stimmt etwas so ganz und gar nicht - sehen Sie es?

Einheimische erbost über Phänomen "Begpacker" - das haben die Touris dazu zu sagen

Auf Facebook äußert sich ebenfalls eine Indonesierin zu den "Erste-Welt-Problemen" der "Begpacker" und fasst dabei zusammen, wie schwierig es für sie und ihre Landsleute ist, nach Großbritannien, in die USA oder in den Schengen-Raum zu reisen: Es müsste unter anderem der komplette Reiseplan, Flugtickets, Einladungsbrief und ein persönliches Bankkonto mit mindestens 6.000 US-Dollar vorgezeigt sowie ein Pflicht-Interview in der Botschaft absolviert werden, um ein Visum zu bekommen. "Und dann passiert das hier: Ein Tourist aus dem Westen sitzt mit Fast-Food-Tüten an einer Straßenecke in Bangkok und bettelt als Teil des Begpacking-Trends um Geld.'"

Einige der "Begpacker" begründen ihre Bettelei wohl damit, ausgeraubt worden zu sein. Die Journalisten Helen Coffey verteidigt in einem Kommentar im britischen Independent von 2017 die Touristen mit der Argumentation, dass es unfair sei, sie zu verurteilen, wenn man die ganze Geschichte nicht kennt. Doch selbst dann stellt sich die Frage, warum sie sich nicht einfach bei ihrer Botschaft gemeldet haben.

Auch interessant: "Schmarotzer" unerwünscht: Hotel macht bestimmten Gästen klare Ansage.

Scharfe Kritik an "Begpackern" - auch die Behörden wollen nun dagegen vorgehen

Jürgen Schmude, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Tourismusforschung, kritisiert das Phänomen gegenüber Spiegel Online jedoch aufs Schärfste: "Tourismus ist für viele Länder ein wichtiger Wirtschaftszweig - das funktioniert aber nur, wenn Touristen Geld in das Reiseland bringen und nicht, wenn sie es von der einheimischen Bevölkerung erbetteln. […] Ich fasse Begpacking als Maximierung von Egoismus und Individualismus auf: Es wird als 'billige' Möglichkeit aufgefasst, ein Land zu bereisen." Der Folgen seien sich die Reisenden überhaupt nicht bewusst.

Mittlerweile will wohl auch die Einwanderungsbehörde auf der Urlaubsinsel Bali gegen die "Begpacker" vorgehen und diese zurück zu ihren Botschaften schicken. Da sie jedoch in keine kriminellen Machenschaften verwickelt sind, müssen sie mit keinen strafrechtlichen Folgen rechnen. 

Vor kurzem erntete auch ein Influencer-Paar einen Shitstorm, als sie auf Instagram um Spenden für eine Afrika-Reise baten. Der Mann erklärte - wie extratipp.com* berichtete -, dass es keine Option sei, einen Job zu haben - derzeit werden die beiden wohl noch von seiner Mutter finanziert.

Mehr zum Thema: "Rich Kids" betteln in armen Ländern um Geld für Weltreise.

fk/Video: glomex

*extratipp.com ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerkes.

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