Aber das kaum bekannte Emirat ganz im Norden, an der Grenze zum Oman, wirbt gerade damit um neue Besucher. Es preist seine Berge an, die weiten Strände, die Sandwüste, die Vielfalt. Ahmed bremst oben an einer Bergkuppe, Fotostopp für die weit entfernte Skyline von Ras-al-Khaimah. Also, für den Blick auf die beiden einzigen Hochhäuser der Stadt. Auf dem Parkplatz der Julphar-Wolkenkratzer verkaufen anderntags Hirten ihre Ziegen von Pickups runter, 800 Dirham für die edle schwarze, die bestimmt sehr zart schmeckt.
Zur Wahrheit gehört: Die Herrscher haben es auch anders versucht. Der Tourismus erlebte herbe Rückschläge. Die Finanzkrise 2008 ließ Milliardeninvestitionen stocken. Der große Segelwettbewerb America’s Cup wurde doch nicht nach Ras-al-Khaimah verlegt, ein Traum platzte. Und im September wurde eben kleinlaut eingeräumt, die neue Rieseninsel mitsamt Real-Madrid-Wappen, Luxus-Stadion und zig Hotels werde doch nicht so gebaut. Wäre, bei andauerndem Wirtschaftsboom, doch ein Minidubai draus geworden?
Derzeit jedenfalls ist Zurückhaltung die Strategie. „Wenn wir nur ein weiteres Abu Dhabi werden, haben wir unsere Identität verloren“, warnt Nermin Abushnaf von der Tourismusbehörde des Emirats. „Wir brauchen nicht die größten und breitesten Gebäude. Wir haben die Berge, die Strände, die Wüste.“ 1,2 Millionen Gäste wollen sie heuer anlocken, erzählt die junge Frau. Die Bettenzahl wächst. Hilton hat soeben das luxuriöse Waldorf Astoria in der Hauptstadt eröffnet. Der Staat baut, damit es schneller geht, selbst Restaurants und Promenaden an den neuen, tiefschwarzen Straßen.
Sie basteln gerade an schönen Geschichten. In der orangefarbenen Wüste ist ein traumhaftes Zelt-Hotel entstanden, fünf Sterne und eine Falken-Show im Sonnenuntergang. Am Meer schaukeln Perlentaucher mit Touristen übers Wasser und erzählen bei Datteln und Tee, wie sie nach 70 Jahren Unterbrechung wieder die Zuchtperlen-Tradition aufnehmen. Und sogar Ahmeds wilde Bergtour soll eines mittelfernen Tages mal buchbar sein. „Der Berg ist meine Freundin“, sagt er, und muss über sein Pathos selbst kichern.
Der Wind streicht über den Berg, nimmt viel von der Hitze weg. Es wird schnell dunkel, die Jeep-Scheinwerfer leuchten die Schotterpiste aus. Als sie plötzlich ins Nichts strahlen, bremst Ahmed. Die Straße endet an einer Klippe, eine 200 Meter tiefe, spektakuläre Schlucht. Im fahlen Licht lassen sich ihre Dimensionen nur erahnen, weit unten im Tal reißt zu den seltenen Regenzeiten ein Fluss das Geröll mit. „Unser Grand Canyon“, sagt Ahmed stolz, und korrigiert sich gleich selbst: Schreib das nicht, klingt zu protzig.
Ein Berg, der keinen Namen hat, ein Tal, das nicht Canyon heißen soll – es wird fragende Gesichter geben bei der Erzählung daheim, fürchte ich. Aber andererseits: Steht nicht vor jeder Entdeckung eine Frage?
REISEZIEL Ras-al-Khaimah („Spitze des Zeltes“) ist das nördlichste der sieben arabischen Emirate, Es liegt 100 Kilometer von Dubai entfernt an der Straße von Hormuz. 270 000 Einwohner verteilen sich auf Küste, Berge und Wüste.
ANREISE Der nächste große internationale Flughafen ist Dubai. Etliche Fluglinien bieten Verbindungen an. Swiss fliegt von München über Zürich ab 679 Euro. Emirates fliegt zweimal täglich nonstop ab München für 696 Euro. Der Reisepass muss noch mindestens sechs Monate gültig sein, Visum gibt es bei der Einreise.
RUMKOMMEN Viele Urlauber kombinieren Ras-al-Khaimah mit Dubai oder dem Oman. Selbst fahren ist ohne größere Probleme möglich, die Straßen sind gut ausgebaut, Schilder zweisprachig, Staus in Ras-al-Khaimah selten. Kleine Mietwagen kosten ab 25 Euro pro Tag. Wer einen Fahrer will, muss mit 100 Euro pro Tag rechnen. Viele Mietwagen dürfen allerdings nicht in den Oman gebracht werden.
ZEITUNTERSCHIED Im Winter drei, im Sommer zwei Stunden voraus.
KLIMA/REISEZEIT Der Sommer empfiehlt sich nicht für Touren: Bei Temperaturen bis 45 Grad lässt sich der Tag nur am Hotelpool aushalten. Im milden Winter (zwischen 20 und 30 Grad), am besten aber zwischen Oktober und Mai, ist es in den Emiraten am schönsten. Der nächste Ramadan-Monat, in dem das öffentliche Leben stark eingeschränkt ist, beginnt Ende Juni 2014.
GESUNDHEIT Keine Impfungen nötig. In die Reiseapotheke gehören aber Mittel gegen Erkältung (Achtung: Klimaanlagen), Durchfall und Sonnenbrand.
GELD Dirham können am Flughafen und im Hotel problemlos gewechselt werden (5 Dirham sind ungefähr 1 Euro). Die gängigen Kreditkarten werden überall akzeptiert, Trinkgelder auch gern in Dollar. Die Preise sind in etwa auf europäischem Niveau. Alkohol wird fast nur in den gehobenen Hotels ausgeschenkt, dementsprechend teuer – Bier kaum unter fünf Euro.
KULINARISCH Das arabische Essen ist üppig, fleischreich und beginnt mit unzähligen Vorspeisenplatten („mezze“): Kichererbsenpaste, Tomaten-Petersiliensalat, Fleischklöße. Als Hauptgerichte beliebt sind Fleischspieße, oft mit Reis und Pinienkernen. Hotels bieten hier meterlange Buffets, aber auch (teure) internationale Küche. Wer mit Einheimischen isst: Nur die rechte Hand zum Mund führen, die Linke gilt als unrein!
WOHNEN Das prunkvolle Waldorf Astoria (fünf Sterne) am ewig breiten Strand etwas außerhalb von Ras-al-Khaimah ist seit August geöffnet. Die Zimmer und Suiten haben Meer- oder Golfplatzblick. JT bietet zum Beispiel sechs Nächte im Mai mit Flug (Lufthansa) und Transfer für 1008 Euro pro Person an. Buchbar im Reisebüro sowie unter www.jt.de. Spartipp: Vier-Sterne-Hotels wie das Hilton gibt es im Dezember bereits im Sechs-Nächte-Paket mit Anreise ab 576 Euro.
WÜSTENTIPP Im Wüstenhotel Banyan Tree Al Wadi gibt es regelmäßig eine Falken-Show in der Dämmerung. www.banyantree.com/en/al_wadi; buchbar sind die großen Zeltdach-Villen ab 450 Euro pro Nacht.
AUSFLUGSTIPP Ein Tag mit den Perlentauchern im Arabischen Golf kann unter www.rakpearls.com arrangiert werden – wahlweise mit Mittagessen auf dem Boot, Datteln, Tee. Wer eine Perle in seiner Muschel findet, darf sie behalten.
WEITERE INFOS bieten die örtlichen Behörden unter www.rasalkhaimahtourism.com.