Ein Drittel der Menschen verbringe den Urlaub ohnehin im Inland, sagt Jürgen Schmude, Professor für Tourismuswirtschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Tourismuswissenschaft. Auch den übrigen zwei Dritteln der Menschen, die sonst im Schnitt ins Ausland reisen, habe die deutsche Tourismuslandschaft etwas zu bieten: "Wir haben Küsten, Mittelgebirge, einen alpinen Tourismus." Dass der Urlaub im Inland nun viele teurer zu stehen komme als die Schnäppchen-Reise auf die Kanaren, glaubt er nicht. Verschiedenen Einschätzungen zufolge verzichteten 20 bis 35 Prozent der Menschen in diesem Jahr aber sogar ganz auf ihren Urlaub, sagt Schmude. Gründe dafür seien etwa Sorge um die Sicherheit oder eine ungewisse berufliche Zukunft.
Eine Umfrage unter "Airbnb"-Nutzern ergab Unternehmensangaben zufolge, dass 39 Prozent der Urlaubsfreudigen nach der Pandemie innerhalb Deutschlands verreisen möchten. 61 Prozent der Befragten gaben an, die erste Reise innerhalb Europas verbringen zu wollen.
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Auf dem Ferienwohnungsportal "FeWo-direkt" wurde in der letzten Aprilwoche - als klar wurde, dass Urlaub in Deutschland in den kommenden Wochen wieder möglich ist - vor allem nach Unterkünften an Nord- und Ostsee gesucht. Vorpommern-Rügen in Mecklenburg-Vorpommern und Nordfriesland in Schleswig-Holstein stünden besonders hoch im Kurs. Auf Platz drei und vier der meisten Suchanfragen für Ferienwohnungen auf dem Portal standen die Stadt Lübeck und der Kreis Ostholstein im nördlichsten Bundesland sowie der Landkreis Aurich in Niedersachsen.
Auch Urlaub auf Bauern- und Ferienhöfen ist stark gefragt. Nach einigen Wochen der Unsicherheit sei die Nachfrage nun "exorbitant", sagt Susanne Wibbeke, Geschäftsführerin vom Landesverband Bauernhof- und Landurlaub Bayern, in dem sich 1400 Ferienhöfe zusammengeschlossen haben.
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Auch die Campingplätzen in der Bundesrepublik werden voraussichtlich in den kommenden Monaten gut besucht. Während die Betreiber in den ersten Wochen der Corona-Krise eine große Stornierungswelle erlebten, stiegen die Buchungsanfragen nach Ankündigung der Wiederaufnahme des Campingtourismus im jeweiligen Bundesland für Pfingsten und die Sommerferien stark an, wie der Geschäftsführer des Bundesverbands der Campingwirtschaft in Deutschland, Christian Günther, mitteilt. "Insbesondere gilt dies für die klassischen Ferienregionen." Günther empfiehlt, in diesem Jahr keine Reise ohne Vorausbuchung anzutreten.
Dass Ferienwohnungen oder -häuser und Camping derzeit so gefragt sind, überrascht den Experten Schmude nicht. "Das gibt Sicherheit, weil man nicht immer im öffentlichen Raum ist, einen Rückzugsort hat."
Die Corona-Pandemie beschert Fahrradhändlern einen ungeahnten Boom, hieß es vom Zweirad-Industrie-Verband. Auch zu Fuß sind viele Menschen unterwegs: Nach Einschätzung des Deutschen Wanderverbands boomt das Wandern während der Corona-Krise. "Das Wandern wird eine besonders gefragte Urlaubsaktivität sein, auch für Menschen, die bisher nicht oder nur selten gewandert sind", sagte kürzlich Geschäftsführerin Ute Dicks. Damit es nicht zu eng wird, rät der Verband dazu, überlaufene Wege zu meiden. Es könne sinnvoll sein, "eine Wanderung abseits ausgetretener Pfade zu planen".
Auf lange Sicht werde die Corona-Krise deutliche Spuren im Tourismus hinterlassen, sagt Schmude. Er rechnet damit, dass Urlaub und Erholung künftig outdoor- und naturorientierter werden. Auf Urlaub, der mit großen Menschenansammlungen einhergeht, wie zum Beispiel Städtetourismus oder Kreuzfahrten, werde in der kommenden Zeit vermutlich eher verzichtet. Bereits in den letzten Jahren habe natur- und gesundheitsorientierter Urlaub zugenommen. „Das wird nun noch einmal verstärkt."
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dpa
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