Wie wird sich der Klimawandel auf den Tourismus an den deutschen Küsten auswirken?
An Nord- und Ostsee steigt die gefühlte Sommertemperatur um maßvolle vier Grad an. Dort weht auch im Sommer ein kühles Lüftchen – in Zukunft ein unschätzbarer Standortvorteil. Die Deutschen werden dann vielleicht nicht mehr die Strände im Süden besuchen, sondern an den heimischen Küsten Urlaub machen.
Und die Südeuropäer?
Italiener oder Spanier kriegt man nicht so schnell an die deutsche Küste. Denen fehlt dort das mediterrane Flair. Und wo sollten sie auch unterkommen? Die deutschen Tourismusorte sind auf solche Kapazitäten nicht ausgerichtet. Sie könnten gar nicht so viele Gäste aufnehmen.
Begrenzte Kapazitäten – aber eine klimatisch sorgenfreie Zukunft?
Keineswegs. Durch die Wassererwärmung können die Ostseebäder ein Problem mit Algenwachstum und Quallen bekommen. Nicht zu vergessen der Meeresspiegelanstieg – 40 Zentimeter bis zum Jahr 2050! Auch wenn das einer Industrienation keine unlösbaren technischen Probleme bereiten sollte: Touristeninseln im Indischen Ozean wie etwa die Malediven müßten dann aufgegeben werden.
Interessieren sich die Tourismusanbieter für das Klima der Zukunft?
Die Jahre 2020 bis 2050 liegen schon in ihrem zeitlichen Vorstellungsrahmen. Für diesen Zeitraum haben wir in den Jahren 2006 und 2007 als Teil des Förderprogramms „Klima zwei“ mehrere Pilotorte an der Nordsee unter die Lupe genommen. Juist positioniert sich dabei als klimaneutrales Urlaubsziel. Die Voraussetzungen dort sind ideal: Die Insel ist autofrei.
Andreas Matzarakis (49) ist Vizepräsident der Internationalen Gesellschaft für Biometeorologie. Er ermittelt mithilfe regionaler Computermodelle die klimatischen Bedingungen für den Fremdenverkehr der Zukunft. Tourismusklimatologie nennt sich die Wissenschaft, bei der es nicht nur um Badetemperaturen und Sonnenscheinstunden geht.