Aber auch, wenn ein weniger aggressiver Rüde sehr triebgesteuert ist, birgt das weitere mögliche Probleme: Er kommt vielleicht nicht mehr zur Ruhe, frisst nicht mehr und interessiert sich für nichts anderes mehr als das weibliche Geschlecht. Auch das kann ein triftiger Grund für eine Kastration sein. Schwierig wird es allerdings, wenn ein Hund ohnehin schon unsicher ist und deshalb nicht mit Artgenossen umgehen kann. Dieses Problem verstärkt sich mit dem schrumpfenden Selbstbewusstsein ohne Testosteron. «Womöglich geht er dann erst recht auf Konfrontation», so Buisman. Ein Risiko.
Bei Hodenkrebs ist die chirurgische Entfernung der Hoden alternativlos. Doch bei fast allen anderen Faktoren, gerade dem Verhalten, raten Tierärzte und Trainer zunächst zur Lösung auf Zeit. «Genau genommen ist laut Tierschutzgesetz die grundlose Entnahme von Organen sogar verboten. Der Tierarzt ist also verpflichtet beim Rüden zuerst zu einem Chip zu raten», so Prof. Goericke-Pesch.
Kosten abwägen
Dass Tierärzte häufig zu leichtfertig einen chirurgischen Eingriff durchführen, hat auch finanzielle Gründe. Für Halter und Tierarzt. Immer wieder einen 100 bis 150 Euro teuren Chip zu setzen, auch wenn das theoretisch unbegrenzt möglich ist, geht ins Geld. «Eine chirurgische Kastration kostet je nach Größe des Rüden etwa 350 bis 400 Euro», sagt Katja Wehrend, Fachtierärztin für Zuchthygiene und Biotechnologie der Fortpflanzung aus Niederkleen in Hessen.
Das Implantat wirkt wie die chirurgische Kastration, mit all ihren Begleiterscheinungen, wie etwa veränderter Stoffwechsel, verändertes Verhalten oder Harninkontinenz. Halter müssen also auch hier aufpassen, dass der Hund nicht zu viel Gewicht auf die Waage bringt und dürfen sich nicht wundern, wenn das Tier etwas phlegmatischer wird. Manchmal entspricht aber genau das der erwünschten Wirkung.