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Hakenkreuz auf Schweringer Kirchenglocke verschwunden

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Unbekannte haben das Hakenkreuz und den Schriftzug „dies Kreuz gab Gelingen half Zwietracht bezwingen" entfernt.
Unbekannte haben das Hakenkreuz und den Schriftzug „dies Kreuz gab Gelingen half Zwietracht bezwingen" entfernt. © Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannover

Schweringen - In der Auseinandersetzung um eine Nazi-Glocke in Schweringen wurden mit einem Werkzeug Fakten geschaffen. In einem Schreiben heißt es, man habe den "Dreck der Nationalsozialisten" beseitigt, um eine Spaltung des Dorfes zu verhindern.

Nach monatelangem Streit um den Umgang mit einer Glocke aus der Nazi-Zeit haben Unbekannte in dem Weser-Dorf Schweringen Tatsachen geschaffen: Sie entfernten ein Hakenkreuz und einen Teil der Glocken-Inschrift mit einem Winkelschleifer. Es werde geprüft, wie mit der Sachbeschädigung der Glocke umzugehen sei, teilte die hannoversche Landeskirche am Dienstag mit. Zudem werde ein Gutachter untersuchen, inwieweit die Beschädigung den Klang verändere. 

Eine Glocke mit Hakenkreuz und Hitlerspruch aus Herxheim in Rheinland-Pfalz hatte die Kirche veranlasst, auch anderswo nach Klangkörpern aus der NS-Zeit zu suchen. In Faßberg im Kreis Celle entschied sich der Kirchenvorstand bereits dafür, eine Hakenkreuz-Glocke zu ersetzen. 

Dagegen hatte der Kirchenvorstand der Gemeinde Balge, zu der Schweringen gehört, im März entschieden, die Glocke wieder läuten zu lassen. Sie war im September entdeckt und außer Betrieb genommen worden, was in dem Dorf zwischen Hannover und Bremen für heftige Diskussionen sorgte. Der zuständige Pastor Jann-Axel Hellwege beanstandete den Beschluss zur Aufhebung der Stilllegung, das Verfahren läuft noch. Über den Vorfall hatte zunächst „Die Harke" berichtet. 

So sah es aus, das Hakenkreuz auf der Schweringer Kirchenglocke, dessen Existenz im Septem ber 2017 öffentlich gemacht worden war. - Foto: Elena Zelle
So sah es aus, das Hakenkreuz auf der Schweringer Kirchenglocke, dessen Existenz im Septem ber 2017 öffentlich gemacht worden war. © Archivfoto: Elena Zelle

„Aufgrund des langwierigen Diskussionsprozesses und der strittigen Entscheidung, die Glocke weiterläuten zu lassen, kann ich einerseits nachvollziehen, wenn jetzt Fakten geschaffen worden sind", sagte die Landessuperintendentin für den Sprengel Hannover, Petra Bahr. „Andererseits sehe ich die Verantwortlichen in der Kapellengemeinde unverändert in der Pflicht, die Aufarbeitung der Geschichte der Schweringer Kirchenglocke weiterzuführen." 

Die Polizei in Nienburg prüft nach Auskunft eines Sprechers, ob von Amts wegen Ermittlungen aufgenommen werden. „Die Kirche hat bisher keine Anzeige erstattet", sagte der Polizeisprecher. Laut Landeskirche wird geprüft, ob und gegebenenfalls welche rechtlichen Schritte zu ergreifen sind. 

„Geschichte lässt sich nicht durch Wegflexen entsorgen, sondern muss kritisch aufgeklärt werden", sagte der Geschäftsführer der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten, Jens-Christian Wagner, der dpa. Die Nazi-Glocke sei ein Dokument der engen Verbindung, die große Teile der protestantischen Kirchen mit dem Nationalsozialismus eingegangen seien. Statt einer kritischen Auseinandersetzung hätten die Täter nach dem Motto „Aus den Augen, aus dem Sinn" gehandelt. 

Gereinigt vom „Dreck der Nationalsozialisten“

Pastor Hellwege hatte am Gründonnerstag über den Vorfall informiert, an der Kapellentür hing demnach ein Bekennerschreiben mit der Überschrift „Frühjahrsputz 2018". Die Glocke sei gereinigt worden, heißt es darin. „Von Taubendreck, vom Dreck der Nationalsozialisten, der nach 80 Jahren noch drohte, die Dorfbevölkerung zu spalten und hoffentlich auch von dem Schmutz, der vielleicht beinahe über Schweringen abgeworfen worden wäre." 

Der ehrenamtliche Ortsbürgermeister Bernd Meyer hätte sich wie Wagner vorstellen können, die Hakenkreuz-Glocke als Mahnmal auszustellen oder weiter läuten zu lassen. „Auf diese Weise löst man keine Probleme", kritisierte er das Wegflexen des Nazi-Symbols. „Der Weg der Aufarbeitung wurde bereits beschritten, wenn auch etwas langatmig." 

In Faßberg im Landkreis Celle finanziert die Landeskirche den Guss einer neuen Glocke. Aufgearbeitet werden soll dort die Geschichte des gesamten Ortes, der in den 1930er Jahren rund um einen neuen Flugplatz der Luftwaffe entstand. - dpa

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