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Kind mit Downsyndrom: Rehburger Paar erlaubt Blick in den Alltag

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Jeden Tag erlebt Andreas Jonik beim Spielen mit seinem Sohn Simon das große Glück.
Jeden Tag erlebt Andreas Jonik beim Spielen mit seinem Sohn Simon das große Glück. © ade

Rehburg - Von Beate Ney-Janßen.  Zum 21. März, dem Welttag des Downsyndroms berichtet das Rehburger Ehepaar Jonik von ihrem Sohn Simon, der ein Wunschkind war, der sie nach seiner Geburt mit dem Downsyndrom überraschte, der so fröhlich ist und von dem seine Eltern sagen, dass es für sie ein großes Glück mit ihm ist – trotz aller Ängste und Schwierigkeiten, die seine Beeinträchtigung mit sich bringt. Am 7. März hat Simon seinen zweiten Geburtstag gefeiert.

Bereits vor einem Jahr hat das Ehepaar von seinem einjährigen Sohn berichtet. Wie ergeht es ihnen ein Jahr später? 

Wenn Simon sich an seinem kleinen Laufwagen festhält, kann er schon einige Schritte selbstständig laufen. Bedächtig stellt er einen nackten Fuß vor den anderen, ist hoch konzentriert und scheint ein wenig verwundert darüber, wie gut das schon funktioniert. Dass er es wirklich toll macht, das hört er an den Stimmen seiner Eltern, die ihn nahezu anfeuern, ihn ermutigen, sich gemeinsam mit ihm freuen und nach vollbrachter Leistung gerne laut applaudieren. Simon freut sich dann mit ihnen, lacht und klatscht ebenfalls in die Hände. Jeder kleine Fortschritt wird gefeiert. Jeden kleinen Fortschritt, sagt Magdalene Jonik, müsse Simon sich hart erarbeiten. Wenn andere Kinder einfach irgendwann aufstehen und beginnen zu laufen, ist es für Simon ein langwieriger Prozess. 

Bei Kindern mit Downsyndrom gehe doch alles viel, viel langsamer voran. So wird also jeder kleine Fortschritt bejubelt. Ihnen beiden, sagen die Eheleute, werde darüber immer mehr bewusst, wie 

einfach sie selbst es doch in vielen Dingen hätten. Darüber lernten sie auch so vieles für ihr eigenes Leben.

Geduld zum Beispiel. Die habe Simon. Und dass er so entspannt sei. Vorwärts wolle er – aber nicht um jeden Preis. Simon wisse genau, wann zu viel von ihm verlangt werde. Dann schalte er einfach ab, lasse den Mund offenstehen und setze einen Blick auf, der nichts um ihn herum mehr erfasse. Entspannt – so gehen Magdalene und Andreas Jonik mit Simon um und haben das auch für sich selbst verinnerlicht.

In seinem zweiten Lebensjahr hat es unterdessen einige Umbrüche in Simons Leben gegeben. Seine Mama geht wieder arbeiten. Das kann sie tun – und das tut ihr gut – weil Simon einen Platz in der Loccumer Kinderkrippe „Puttfarken“ bekommen hat. Inmitten der anderen ein- bis dreijährigen Kinder wuselt er dort herum. Ein Kind von vielen. Das unkomplizierte und fröhliche Kind dort zu haben, ist für die Mitarbeiterinnen eine Freude. Simons Beeinträchtigung kommt außerdem allen Kindern zugute, denn von der Begleitung, die ihm stundenweise von einer Erzieherin zusteht, profitieren alle.

"Für mich war das ein Jahr der Dankbarkeit" 

Förderung und Hilfe gibt es für Simon und seine Eltern aber auch zu vielen weiteren Punkten. Physiotherapie und Logopädie, Besuche bei der Kinderärztin und auch bei einer speziellen Sprechstunde im Mindener Klinikum für Kinder mit Downsyndrom gehören zu ihrem Alltag. Was ihnen außerdem hilft und immer wieder Mut macht, sind die vielen positiven Begegnungen mit den Menschen in ihrem Umfeld. Die anfänglichen Berührungsängste von einigen Freunden und Bekannten, die nicht wussten, wie sie auf die Familie mit dem behinderten Kind zugehen sollten, hätten sich gelegt. An der Fleischtheke im Supermarkt beispielsweise bemühten sich die Verkäufer immer, Simon eine Scheibe Wurst persönlich in die Hand zu geben. Nicht zuletzt der Zeitungsartikel vom vergangenen Jahr, meint sie, habe geholfen, damit die Menschen offener und unbefangener auf sie zugehen.

„Für mich war das ein Jahr der Dankbarkeit“, sagt Magdalene Jonik im Rückblick. Dankbar, weil die zwischenmenschlichen Beziehungen nun so viel einfacher sind. Weil Simon immer mehr so akzeptiert, gemocht und geliebt wird, wie er ist. Und auch ein Jahr der Dankbarkeit, weil keine schlimmen Krankheiten auf ihren Sohn zugekommen sind. Das ist die Angst, die Magdalene Jonik umtreibt. Krampfanfälle sind bei Kindern mit Downsyndrom keine Seltenheit, auch Leukämie bricht bei ihnen relativ häufig aus. Und dann ist dort noch das Loch in Simons Herz. Ein wenig hofft das Ehepaar noch darauf, dass es sich von alleine schließt. Ansonsten steht Simon in einigen Jahren eine Operation dagegen bevor. Eine Sorge von Simons Vater ist, dass sein Sohn womöglich nicht sprechen lernt. So arbeiten sie also auch daran konsequent, üben mit ihm die schwierige Koordination mit der Zunge, damit diese Laute malen lernt. Kleine Erfolge hat es schon gegeben. Simons erster erkennbarer Laut, sagt Magdalene Jonik, sei „Ella“ gewesen – der Name ihrer Hündin, mit der Simon gar zu gern kuschelt. Aber auch „Mama“ und „Papa“ meint sie schon identifiziert zu haben.

Ihre eigene Sorge ist in erster Linie, inwieweit es Simon gelingen wird, Freunde zu finden. Akzeptiert ist er überall, ist auch in der Kinderkrippe ein selbstverständlicher Bestandteil der Gruppe – aber wird es dazu kommen, dass sich daraus Freundschaften ergeben? Dass Simon andere Kinder besucht und andere Kinder ihn?

Dann lacht sie wieder. Ängste und Sorgen sind zwar da – aber letztlich überwiegt doch die Dankbarkeit über alles, was sie schon erreicht haben. 

ade

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