Schleswig-Holsteins Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) geht davon aus, dass es außer den identifizierten spanischen Salatgurken vom Hamburger Großmarkt noch weitere Ansteckungsquellen geben müsse. Spanische Behörden wiesen Informationen der EU-Kommission zurück, wonach zwei Agrarbetriebe in Südspanien wegen EHEC-Verdachts vorübergehend geschlossen worden seien. In den beiden Betrieben in den Provinzen Almería und Málaga seien lediglich abgeerntete Gurken vorsichtshalber sichergestellt worden, teilte das andalusische Gesundheitsministerium in Sevilla mit. Sie könnten womöglich mit den in Deutschland aufgetretenen EHEC-Infektionen in Verbindung stehen. Experten entnahmen Boden-, Wasser und Produktproben.
Mehr als jeder zweite Bundesbürger verzichtet jetzt auf ungekochte Tomaten, rohe Gurken und Salat. 58 Prozent gaben in einer Umfrage im Auftrag der “Bild am Sonntag“ an, auf diese Rohkost zu verzichten. 41 Prozent würden dagegen weiterhin rohes Gemüse essen. Das Institut Emnid hatte 500 Menschen ab 14 Jahren repräsentativ befragt.
Der Hannoveraner Nierenarzt Jan Kielstein betonte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa, die EHEC-Warnungen seien nicht überzogen. Kritik von Landwirten an der Informationspraxis von Behörden und Medizinern könne er nicht teilen, sagte der Nierenspezialist von der Medizinischen Hochschule Hannover. “Es sind natürlich alle sehr verunsichert, wie mit einer solchen Situation umzugehen ist.“ Es sei aber angebracht vor dem Verzehr von Rohkost zu warnen und die Bevölkerung aufzuklären.
Angesichts wachsender Skepsis der Verbraucher durch die EHEC-Krise gehen die deutschen Obst- und Gemüseproduzenten in die Offensive. Große Erzeuger haben Stichproben ihrer Produkte testen lassen und meldeten nach entsprechenden Laborbefunden ihr Obst und Gemüse als “EHEC-frei“. So seien Waren der führenden deutschen Vermarktungsorganisation Landgard am Niederrhein “erwartungsgemäß EHEC-frei“ getestet worden, berichtete die Bundesvereinigung der Erzeugerorganisationen Obst und Gemüse (BVEO) in Bonn.
Zu den getesteten Waren gehörten mehrere Salatsorten, Tomaten und Gurken. Dasselbe Ergebnis legte auch die Gartenbauzentrale Papenburg vor - die größte Gurken vermarktende Organisation in der Bundesvereinigung. Sowohl Landgard als auch die Gartenbauzentrale haben viele Kunden in Norddeutschland, wo die Zahl der durch den EHEC-Erreger erkrankten Menschen besonders hoch ist.
Deutschlands Bauern klagen über starke Absatzeinbrüche. Der Vizechef des schleswig-holsteinischen Bauernverbands, Hans-Peter Witt, sieht “irrsinnige Schäden“. Salat sei praktisch nicht zu verkaufen, sogar bei Erdbeeren sei der Verkauf mancherorts um 50 Prozent zurückgegangen. Dies sei für viele Bauern existenzgefährdend.
dpa