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Lungenarzt aus Hannover: „Müssen mit Corona leben lernen“

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Lungenexperte Tobias Welte
Tobias Welte ist überzeugt, dass die kommende Phase der Pandemie eine andere Form haben wird als die bisherigen Corona-Wellen. © Julian Stratenschulte/dpa/Archivbild

Lungenexperte Tobias Welte aus Hannover ist sich sicher, nur auf Inzidenzwerte zu schauen und die Corona-Maßnahmen anzupassen, ist nicht gut. Man muss weiter und neu denken.

Hannover – Die steigenden Inzidenzwerte in Niedersachsen haben bisher nicht zu einer stationären Aufnahme von Covid-19-Patienten in der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) geführt. „Die Lage in der MHH ist sehr entspannt“, sagte Tobias Welte, Direktor der MHH-Klinik für Pneumologie, der Deutschen Presse-Agentur.

„Wir haben im Moment überhaupt keinen Corona-positiven Patienten stationär“, sagte Welte. Es gebe jedoch zwei langzeitbeatmete Patienten, die nach einer Covid-19-Erkrankung auf eine Lungentransplantation warteten. Sie seien aus anderen Häusern in die MHH verlegt worden.

Corona-Infektionszahlen steigen bei ungeimpften 15- bis 25-Jährigen

Hintergrund der entspannten Situation ist laut Welte, dass die Corona-Infektionszahlen in ganz Europa und den USA derzeit vor allem in der Gruppe der nicht geimpften 15- bis 25-Jährigen steigen. „Das ist eine Gruppe, die nicht schwer erkrankt“, sagte der Lungenspezialist. „Deshalb haben wir einen Inzidenzanstieg, ohne eine höhere Belastung des Gesundheitssystems zu sehen.“

Welte appellierte an die Politik, sich nicht mehr allein an den Inzidenzwerten zu orientieren. „Wir müssen mit Corona leben lernen. Wir müssen eine Normalität schaffen, ohne unvorsichtig zu sein.“ Mit Blick auf an Inzidenzen gekoppelte Einschränkungen sagte der Mediziner: „Solche radikalen Wechsel alle drei Tage verunsichern die Bevölkerung und sind nicht hilfreich.“

Pandemie verändert sich, doch Krankheitszahlen werden wieder steigen

Ob das Schlimmste der Corona-Pandemie überstanden sei, wollte Welte nicht beurteilen. „Man weiß nie ganz genau, welche neue Varianten kommen, auch wenn die Variantengefahr manchmal übertrieben wird“, sagte er. Seine Prognose: „Wir müssen mit steigenden Krankheitszahlen rechnen, aber wir werden nicht mehr dasselbe erleben wie in der zweiten und dritten Welle.“ (dpa)

Corona in Niedersachsen

Das Robert-Koch-Institut hat am Sonntag 147 Corona-Neuinfektionen in Niedersachsen gemeldet. Die Sieben-Tage-Inzidenz blieb wie am Samstag bei einem Wert von 15,8.

Spitzenreiter im Vergleich der niedersächsischen Landkreise und kreisfreien Städte war der Kreis Lüneburg mit einer Inzidenz von 59,2, gefolgt von der Region Hannover mit 35,2. Die niedrigsten Werte wurden im Landkreis Lüchow-Dannenberg (0,0) und im Kreis Rotenburg (Wümme) (0,6) gemeldet.

Nach Daten des DIVI-Intensivregisters werden in Niedersachsen derzeit 26 Menschen mit Covid-19 in Krankenhäusern behandelt, acht von ihnen werden invasiv beatmet. Die Zahl der freien Intensivbetten lag bei 315, davon haben 144 eine spezielle Ausstattung zur Behandlung von Corona-Patienten.

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