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Land steuert bei Geflügelmast um - neue Regeln

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Putenmast
Wegen diverser Missstände in niedersächsischen Mastbetrieben plant das Agrarministerium nun eine Tierschutz-Offensive © dpa

Hannover - „Es gibt keine Tierschutz-Probleme in Geflügelmastbetrieben in Niedersachsen.“ Gebetsmühlenartig wiederholte Agrarministerin Grotelüschen dies in den vergangenen Monaten ob der zunehmenden Kritik. Nun startet das Land auf einmal eine Tierschutz-Offensive.

Puten leiden unter Herz-Kreislauf-Störungen, Hühner-Füße sind wegen des durchnässten Einstreus häufig entzündet und Enten durchleiden die schmerzhafte Prozedur das Schnabelkürzens. Wegen dieser und weiterer Missstände in niedersächsischen Mastbetrieben plant das Agrarministerium nun eine Tierschutz-Offensive.

Angesichts wachsender Kritik an der expandierenden Geflügelmast in Niedersachsen will das Land Vorschriften und Kontrollmöglichkeiten verbessern. Das Landwirtschaftsministerium kündigte am Freitag neue Leitlinien für die Geflügelmast an. „Wir müssen die Bestimmungen so konkretisieren, dass die ausführenden Kollegen vor Ort (...) rechtsverbindlich in die Ställe reingehen und sagen können “wir müssen hier etwas ändern““, sagte Ministeriumssprecher Gert Hahne und bestätigte einen Bericht der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“.

Friedrich-Otto Ripke (CDU), Staatssekretär im niedersächsischen Agrarministerium, hatte demzufolge am Donnerstag in einer einer internen Sitzung des Landtags-Fachausschusses erstmals gravierende Mängel in der Massentierhaltung eingeräumt. Zugleich kündigte er neue Bestimmungen an.

Generell gibt es Hahne zufolge bislang kaum konkrete rechtliche Grundlagen für die Geflügelmast. „Es schwierig überhaupt Parameter zu finden, an denen sich sowas bemisst.“ Die geplanten Leitlinien sollen gemeinsam mit der Wirtschaft erarbeitet werden. Wunsch des Ministeriums sei zudem, dass es auf EU- und Bundesebene gleiche Vorschriften gebe. Von einer Verschärfung der Bestimmungen im Alleingang wollte Hahne in diesem Zusammenhang nicht reden.

Tierschützer kritisieren seit längerem die Zustände in niedersächsischen Mastbetrieben. Vor allem Putenmäster stehen derzeit in der Kritik, gegen den Tierschutz zu verstoßen. Niedersachsens Agrarministerin Astrid Grotelüschen (CDU) verteidigte stets die Haltung von Mastputen und verwies darauf, dass das Land bundesweit führend im Tierschutz sei.

Nach wie vor gehe das Landwirtschaftsministerium nicht davon aus, dass die Fleisch- oder Tierproduktion aus Tierschutzproblemen bestehe. „Aber wir sind schon der Ansicht, dass man vieles noch verbessern kann“, sagte Hahne. Es gebe beispielsweise Schwierigkeiten beim Einstreu, „der ab und an zu feucht“ sei. Auch das Stutzen von Schnäbeln bei den Masttieren solle mittelfristig abgestellt werden. Das wird teilweise gemacht, um Kannibalismus und Verletzungen der Tiere zu vermeiden.

Die Landtags-Grünen bezeichneten die Äußerungen Ripkes zum Tierschutz als „halbherzig“. „Nur Worthülsen des Staatssekretärs führen noch nicht zu einer artgerechten Tierhaltung“, erklärte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Christian Meyer.

Der Deutsche Tierschutzbund begrüßte die angekündigten Reformen. „Die gravierenden Mängel, zu denen das Ministerium nun offenbar endlich Handlungsbedarf erkannt hat, sind nicht durch kleine Korrekturen behebbar. Die Haltungssysteme als Ganzes müssen verändert werden“, forderte Präsident Wolfgang Apel.

Die Ankündigung neuer Leitlinien, um die Ställe besser kontrollieren zu können, ist indes ein Zeichen, dass das Land die Missstände nun zumindest in Teilen einräumt. Von einer gänzlichen Kehrtwende kann jedoch nicht die Rede sein. Vielmehr ist es eine Reaktion auf die zunehmende Sensibilisierung in der Bevölkerung. „Der Tierschutz hat in den vergangenen Jahren einen erheblich höheren Stellenwert bekommen als das vor 10 oder 20 Jahren der Fall war. Das sind Entwicklungen, die wir natürlich sehen“, sagte Hahne.

Bei der Geflügelwirtschaft ist Niedersachsen bundesweit vorn. Rund 50 Prozent der Geflügels in Deutschland kommt nach Angaben des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) aus dem norddeutschen Bundesland.

dpa

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