Kurz nach Inkrafttreten der aktuellen Corona-Verordnung kommt es noch am selben Tag zu einer Änderung, von der die Landesregierung trotz mehrerer Hinweise vorher nichts wissen wollte: So werden die Kontaktregeln für junge Eltern und ihre Kinder gelockert. Babys und Kleinkinder bis zu drei Jahren werden bei Besuchen nicht mehr mitgerechnet. Der niedersächsische Landkreistag wirft der rot-schwarzen Koalition in diesem Zusammenhang ein mangelhaftes Informationsmanagement vor. Die Landkreise beschweren sich vor allem über den „Zickzackkurs“ bei den Kontaktregeln. Der Landkreistag bemängelt auch, dass bei der Notbetreuung in den Kindertageseinrichtungen die ganze Verantwortung wieder vor Ort liege. „Wir haben zum wiederholten Male gefordert, dass das Land allgemein die Berufsgruppen festlegt, die prioritär solche Einrichtungen auch in Zeiten der zugespitzten Krise nutzen dürfen“, sagt Meyer. „Es ist ein Armutszeugnis, dass dies nicht gelungen ist.“
Die Grünen im Landtag werfen der Landesregierung und vor allem Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) vor, den Kurs in der Coronakrise verloren zu haben. Weil lasse jede Strategie vermissen, moniert Grünen-Fraktionschefin Julia Willie Hamburg. Auch kritisiert sie die Regelungen für Kinder. Drei Tage lang wehre die Regierung die Argumente von Verbänden, Initiativen und aller vier Landtagsfraktionen ab, doch bitte Kinder von der strikten Einschränkung auszunehmen. Und dann komme direkt nach Inkrafttreten der Corona-Verordnung die Korrektur. „Diese Landesregierung verspielt zusehends das Vertrauen der Bevölkerung in ihre Corona-Maßnahmen“, findet Hamburg und meint: „Es ist an der Zeit, dass der Ministerpräsident das Heft des Handelns konsequent in die Hand nimmt.“
Jüngstes Beispiel für das rumpelige Krisenmanagement ist, dass das Land knapp 30 000 Euro an eine Post-Tochter zahlt, um an die Adressen der über 80-Jährigen zu gelangen, die einen Impf-Brief erhalten sollen. Hinzu kommen Porto und Mehrwertsteuer. Dabei hatten die Kommunen ihre Unterstützung und den Zugriff auf die örtlichen und vollständigen Melderegister angeboten, während bei der erworbenen Adresskartei Lücken auftauchen dürften. Nach der Kritik wird es nun eine zweite Informationskampagne über die Kommunen geben. Diese sollen die alten Menschen über die ihnen zur Verfügung stehenden Meldedaten anschreiben, teilte das Ministerium Donnerstagnachmittag mit.
In manchen Kommunen herrscht überdies Unmut über die Verteilung der Impfdosen nach Einwohnerzahl statt nach der Anzahl der Altenheimplätze. Die Folge: Während einige Kommunen wie nun vorgesehen am 1. Februar mit dem normalen Betrieb in den Impfzentren loslegen können, dürften andere Kreise bis dahin nicht einmal mit den Impfungen in den Heimen durch sein.