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Niedersachsen ändert neues Polizeigesetz wegen rechtlicher Bedenken ab

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Niedersachsens Landtag verabschiedet Polizeigesetz
Mit den Stimmen von SPD und CDU hat der Landtag am Dienstag das umstrittene neue Polizeigesetz beschlossen. © dpa

Das neue niedersächsische Polizeigesetz soll der Polizei den Kampf gegen Terroristen erleichtern. Lange feilt die Landesregierung an dem Entwurf, im Mai stimmte der Landtag zu. Doch Grüne und FDP sehen die Grundrechte verletzt. Nun wird das Gesetz wegen rechtlicher Bedenken angepasst.

Update vom 18. Oktober 2019: Die Landesregierung aus SPD und CDU will angesichts verfassungsrechtlicher Bedenken das erst im Mai verabschiedete niedersächsische Polizeigesetz anpassen. Die Möglichkeiten der Polizei zum Einsatz von automatischen Kennzeichen-Lesesystemen sowie zur Schleierfahndung werden eingeschränkt, wie aus einem Änderungsentwurf der Regierungsfraktionen hervorgeht, den der Landtag beschließen soll. Zur Begründung werden Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts angeführt, nach denen ähnliche Regelungen in Baden-Württemberg, Bayern und Hessen in Teilen verfassungswidrig sind.

Der Grünen-Abgeordnete Belit Onay bezeichnete die Gesetzesänderung in der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ als „ein Bekenntnis zur Verfassungswidrigkeit des eigenen Polizeigesetzes“.

Originalmeldung vom 14. Mai 2019: Hannover - Der niedersächsische Landtag hat am Dienstag das umstrittene neue Polizeigesetz mit den Stimmen von SPD und CDU beschlossen. Es soll den Sicherheitskräften mehr Möglichkeiten bei der Terrorismusbekämpfung geben. Innenminister Boris Pistorius (SPD) pries die Novelle als Meilenstein für die Arbeit der Sicherheitsbehörden. Die Opposition aus Grünen, FDP und AfD dagegen befürchtet eine verfassungswidrige Einschränkung bürgerlicher Grundrechte. Grüne und FDP erwägen daher eine Klage vor dem Staatsgerichtshof in Bückeburg.

Die Reform des Polizeigesetzes war ein zentrales Vorhaben der rot-schwarzen Koalition. Für eine bessere Terrorismusbekämpfung soll beispielsweise die Präventivhaft für Gefährder auf bis zu 35 Tage ausgeweitet werden. Zum anderen soll die Handhabung neu hinzugekommener elektronischer Überwachungs- und Kontrollmöglichkeiten gesetzlich geregelt werden.

14 Tage Präventivhaft für Terrorverdächtige

Besonders um die geplante Ausweitung der Präventivhaft für Gefährder hatten SPD und CDU lange gerungen. Im ursprünglichen Gesetzentwurf der großen Koalition waren maximal 74 Tage geplant. Doch dagegen äußerten nicht nur Experten in Anhörungen Bedenken, sondern auch die juristischen Berater des Landtags. Anfang März fanden SPD und CDU einen Kompromiss: Künftig sollen 14 Tage Präventivhaft für Terrorverdächtige verhängt werden können, die einmal um die gleiche Zeit und dann noch einmal um 7 Tage verlängert werden können.

„Die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit konnten wir angemessen wahren“, sagte Pistorius. Und auch der CDU-Sicherheitsexperte und ehemalige niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann, der mit Pistorius öfter überkreuz gelegen hatte, war nun voll des Lobes. „Heute wird Niedersachsen noch sicherer.“

Gestörtes Verhältnis zu den Grundrechten

Der Grünen-Abgeordnete Belit Onay nannte das Gesetz dagegen das Ergebnis eines „miesen Kompromisses“ und warf der Landesregierung besonders beim Punkt Präventivhaft ein gestörtes Verhältnis zu den Grundrechten vor. „Sie schaffen eine Haft vor der eigentlichen Haft - das ist verfassungswidrig.“ Auch FDP-Fraktionschef Stefan Birkner kritisierte, die regierungstragenden Fraktionen hätten nicht einmal einen Grund genannt, warum 35 Tage als maximale Präventivhaft nun richtig seien. „Grundrechte, Freiheitsrechte und Bürgerrechte kommen mit diesem Gesetz unter die Räder.“

SPD und CDU hätten ein besonders scharfes Polizeigesetz gewollt, um sich damit zu profilieren. Der AfD-Abgeordnete Christopher Emden sagte, seine Fraktion wolle zwar ein Höchstmaß an innerer Sicherheit, könne aber einem in Teilen verfassungswidrigen Gesetzentwurf nicht zustimmen.

AfD bot Zusammenarbeit an

Die FDP und die Grünen hatten bereits zuvor angekündigt, dass sie eine Normenkontrollklage vor dem Staatsgerichtshof in Bückeburg erwirken wollen, sollte das Gesetz den Landtag passieren. Allerdings haben die beiden Fraktionen im Länderparlament nicht genug Sitze, um das dafür nötige Fünftel von 137 Abgeordneten zu erreichen.

Die AfD bot am Dienstag ihre Zusammenarbeit an, doch dies haben Grüne und FDP zuvor ausgeschlossen. In einem Brief appellierten die beiden Fraktionsvorsitzenden nun an SPD und CDU, den Antrag auf eine gerichtliche Überprüfung des Gesetzes mitzutragen. In der Landtagsdebatte signalisierten SPD und CDU allerdings bereits, dass dies für sie nicht infrage komme.

dpa

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