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Unglück hätte verhindert werden können

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Eine Seniorin starb bei dem Unfall.Archivfoto: dpa
Eine Seniorin starb bei dem Unfall.Archivfoto: dpa © -

Niedersachsen - Von Judith ChristiansenWORPSWEDE/BREMEN · Der Prozess um das Torfkahn-Unglück in Worpswede ist gestern vor dem Bremer Amtsgericht mit zwei Freisprüchen und zwei Bewährungsstrafen zu Ende gegangen.

Freigesprochen wurden der 43-jährige Schiffs- und der 38-jährige Bootsbauer, die den Torfkahn gebaut hatten. Der 74-jährige Eigner bekam ein Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung, der 81-jährige Schiffsführer des Unglückskahns acht Monate auf Bewährung wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung.

Am 13. August 2008 nahmen die beiden heute 74- und 81-jährigen Skipper eine 33-köpfige Landfrauengruppe aus Bad Segeberg mit zu einer Torfkahnfahrt auf der Hamme in Worpswede. Sie brachen mit zwei Booten, der „Anna Lena“ und der „Neu Helgoland“, auf. Auf dem Rückweg schwappte Wasser über das Heck der „Neu Helgoland“, die von dem 81-Jährigen geführt wurde. Der Skipper, so die Anklage, gab Gas, wodurch das Heck noch tiefer ins Wasser sank und das Wasser schneller hereinströmte. Er erreichte gerade noch eine Anlegestelle.

Der Kahn war schon auf einer Seite festgemacht, als die Landfrauen in Panik gerieten, aufstanden und den Kahn damit zum Kentern brachten. Der 74-Jährige hatte zu Beginn der Fahrt beide Torfkähne mit einer Persenning, einer Plane, ausgestattet, um die Fahrgäste vor Regen zu schützen. „Wäre diese Persenning nicht gewesen, wäre der Ablauf ein anderer gewesen“, so der Vorsitzende Richter Hans Ahlers in der Urteilsbegründung. Die Persenning schloss zwei der Damen unter Wasser in dem Kiel oben liegenden Boot ein. Sie überlebten, weil sie in einer Luftblase waren. Eine 70-Jährige ertrank. Sie soll sich in der Persenning verhakt haben.

Der Schiffseigner hätte den Kahn unter Belastung testen müssen, dann wäre ihm klar geworden, dass der Kahn nicht sicher gewesen sei, so Ahlers. Ebenso der Skipper. Als die 18 Fahrgäste eingestiegen waren, hätte er nachschauen müssen, wie tief der Kahn liegt und wie schnell Wasser eintreten konnte. Schließlich sei er für die Sicherheit der Fahrgäste verantwortlich.

Ein Gutachter erklärte, dass die Torfkähne grundsätzlich instabil und für die Beförderung von Personen ungeeignet seien. Am unsichersten ist laut Gutachter der Torfkahn „Ützepogg“, der vom Kreis Osterholz betrieben werde. Die EU-Bestimmungen zu Fahrgastschiffen schlössen Torfkähne und andere historische Boote allerdings aus, hieß es.

Alle Verteidiger hatten für ihre Mandanten auf Freispruch plädiert. Die beiden Schiffs- und Bootsbauer wurden freigesprochen, weil sie ihre Sorgfaltspflicht nicht verletzt hätten. Sie seien nur „ausführendes Organ“ gewesen, als sie die „Neu Helgoland“ gebaut hätten.

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