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Im Garten liegt ein Zug - Peiner Unglück endet glimpflich

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Die umgestürzte Zugmaschine und ein Fahrgastwagen eines Regionalzuges liegen in einem Garten an der Bahnstrecke durch Peine.
Die umgestürzte Zugmaschine und ein Fahrgastwagen eines Regionalzuges liegen in einem Garten an der Bahnstrecke durch Peine. © Mediengruppe Kreiszeitung/dpa

Das Schlimmste waren die Hilfeschreie, berichten Augenzeugen: In Peine ist in der Nacht ein Güterzug entgleist, anschließend krachte ein Regionalzug mit 65 Passagieren in die Unfallstelle. Wie durch ein Wunder gab es aber nur einen Schwerverletzten, den Lokführer.

Peine. Rauschen, Quietschen - und dann ein unheimlicher, dumpfer Knall, gefolgt von Blitzen. „Ich habe erst gedacht, es ist ein Gewitter“, sagt Michaela Schneider. Der Schreck sitzt ihr noch immer in den Knochen: In ihrem Garten liegt ein riesiger roter Zug. Es ist die Regionalbahn von Hannover nach Braunschweig, die kurz vor Mitternacht in Peine mit einem Güterzug kollidierte.

Fotos vom Unglücksort

Der Lokführer des Personenzuges wurde schwer, 15 der 65 Passagiere leicht verletzt. Die Ursache für den Unfall ist noch unklar. „Das ganze Haus hat gewackelt, das kann man sich nicht vorstellen“, erzählt Nachbarin Nadine Brandtner. Vor mehr als 30 Jahren wurden die schmucken Häuser gebaut. Ihre liebevoll bepflanzten und dekorierten Gärten grenzen direkt an den Bahndamm. Eine Schaukel, ein Trampolin und ein Kletterhäuschen zeugen davon, dass hier am Nachmittag noch Kinder gespielt haben. Nur etwa 20 bis 25 Meter liegen zwischen den Häusern und der vielbefahrenen Bahnstrecke.

"Eisenteile zerknickt wie ein Stück Papier"

„Die Eisenteile sind wie ein Stück Papier zerknickt. Unglaublich“, sagte Pressesprecher Uwe Borchers von der Bundespolizei. Er steht mit einigen Kollegen auf nahen einer Brücke über die Bahnstrecke. Eine vierspurige Straße führt dort über die Gleise. Wäre der Zug nur wenige Meter weiter entgleist, hätte er die Brückenpfeiler gerammt - kaum auszumalen, was dann passiert wäre.

"Das Schlimmste waren die Hilfeschreie"

„Das Schlimmste waren die Hilfeschreie“, erzählt die 30-jährige Nadine Brandtner. Sie alarmierte sofort die Feuerwehr. Ihr 24-jähriger Neffe Dennis stürmte aus dem Haus. „Ich habe dann einen Hammer geholt, aber von außen konnte man die Scheiben nicht einschlagen“, erzählt er. Mit Hilfe eines Passagieres konnte er schließlich eine Tür einen Spalt breit öffnen und den Hammer reinreichen. Inzwischen fand ein anderer Fahrgast aber den Nothammer und schlug eine Scheibe ein. „Man will helfen und weiß nicht, was man machen soll. Es war ja auch dunkel. Ich habe am ganzen Leib gezittert“, erzählt Nadine Brandtner.

Mit Taschenlampen kamen dann die Nachbarn. Und ein Krankenwagen, zunächst einer, dann weitere. Vor allem der schwer verletzte Lokführer habe wohl starke Schmerzen gehabt und laut geschrien. Er wurde mit einem Hubschrauber in die Medizinischen Hochschule Hannover gebracht. Als dann die Rettungskräfte da waren, ging aber alles sehr schnell. Vor dem Haus der Brandtners wurde ein Zelt für die Erstversorgung aufgebaut.

„Sieben Fahrgäste mussten im Krankenhaus behandelt werden, die anderen an der Unglücksstelle“, berichtet Polizeisprechers Borchers. Alle anderen Unfallopfer wurden von Angehörigen abgeholt oder mit Taxen nach Hause gefahren.

Eine herausgerissene Achse liegt im Garten der Familie Brandner.
Eine herausgerissene Achse liegt im Garten der Familie Brandner. © Mediengruppe Kreiszeitung/dpa

Oben von der Straßenbrücke aus ist das ganze Chaos zu sehen. Sechs Waggons des mit Kies beladenen Güterzuges sind entgleist. Die Lok fuhr mit einigen Waggons noch einige hundert Meter weiter. In Gegenrichtung stehen die Wagen des Regionalzugs. Er muss unmittelbar nach der Entgleisung des Güterwagens in die Unglücksstelle gefahren sein, anschließend kippte er um. Zuvor rammte die Lok des Regionalzugs eine Lärmschutzwand und schob sie einige Meter vor sich hin. Im Garten von Michaela Schneider blieben Lok und der erste Wagen des Zugs auf der Seite liegen. Ein blaues Holzhäuschen der Kinder, die in dem Mehrfamilienhaus leben, steht wie zusammengefaltet vor der Lok. Auch bei den Brandtners sieht der Garten wüst aus: Eine Eisenstange liegt dicht vorm Haus, Glasscherben in einem kleinen Swimmingpool. Ein rot-weißes Band der Polizei versperrt jetzt den Weg zu den Gleisen. Dort liegt eine herausgerissene Achse, die Oberleitung ist gerissen. Der Schaden geht in die Millionen. Und es wird Tage dauern, bevor die Unfallstelle komplett geräumt ist, Gleise und Oberleitung repariert sind.

lni

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