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Abschied mit neugieriger Gelassenheit

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Kreiszeitung Syke
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Nienburg - LOCCUM (ade) · Fritz Erich Anhelm geht – und geht doch nicht. Mit seinem 65. Geburtstag am morgigen Sonntag beginnt der Ruhestand des Direktors der Evangelischen Akademie Loccum. Bis Ende März 2010 will er sich allerdings in dieser Funktion selbst vertreten, da die Suche nach einem geeigneten Nachfolger Anhelms noch nicht abgeschlossen ist.

Mit neugieriger Gelassenheit gehe er in den Ruhestand, sagt Fritz Erich Anhelm beim Gespräch in seinem Büro. Die Aktenstapel auf Tischen und Regalen verraten, dass er mit Gedanken und Tatkraft noch voll und ganz im Akademie-Geschäft ist. Über das „Danach“ denke er aber auch nach, bekundet Anhelm.

Eine Pause will er zunächst machen, wenn er endgültig die Akademie verlässt, und sich überlegen, was er von dem, was er bisher gemacht hat, weiter verfolgen möchte. Was das werde, darauf sei er neugierig. Gelassen sehe er dem entgegen, weil die Akademie in keiner besorgniserregenden Situation sei. Der jetzige Zustand, sagt er, sei ein Garant dafür, dass sie gut in die Zukunft gehen könne.

Mit den Grundsätzen dessen, was Anhelm in seinen 15 Jahren als Direktor der Loccumer Akademie umgetrieben hat, wollen sich „seine“ Studienleiter von ihm verabschieden. „Protestantismus und Weltverantwortung“ heißt die Tagung, die sie für ihren Direktor von Freitag bis Sonntag, 11. bis 13. Dezember, ausrichten und zu der Freunde und Weggefährten Anhelms eingeladen sind. Den Eingangsvortrag wird Landesbischöfin Margot Käßmann zu eben diesem Thema halten.

„Fritz Erich Anhelm hat immer wieder unseren Horizont erweitert, ökumenische Anregungen gegeben, spannende Themen angeregt. So wurde unsere Akademie zu einem zentralen Punkt der Diskussion wichtiger gesellschaftlicher und kirchlicher Herausforderungen. Unermüdlich hat er versucht, verschiedene Positionen in einen Dialog zu bringen – das ist beste Akademietradition“, sagt Käßmann.

Nachdem er 1993 einer der Gestalter der in Montreal stattfindenden „Ersten Ökumenischen Weltversammlung der Akademien und Laienzentren“ war, suchte er eine neue Aufgabe. Vertreter von 250 Akademien aus aller Welt waren dort, das Foto von allen Teilnehmern hängt noch heute in Anhelms Arbeitszimmer. Danach bewarb er sich um den Posten des Akademiedirektors.

Themen aufgreifen, Anstöße geben, Prozesse in Gang bringen, die irgendwann konkrete Ergebnisse bringen, das ist es, was ihn bis heute an der Akademiearbeit fasziniert. So sei etwa die Einführung des Islam-Unterricht an den niedersächsischen Schulen durch eine Initiative der Loccumer Akademie gefördert worden, erzählt Anhelm. Wirtschaft, Regierungen und Entwicklungs-Organisationen aus Niedersachsen und der südafrikanischen Provinz Eastern Cape habe die Akademie zusammengebracht.

Ein herausragendes internationales Projekt sei auch der deutsch-ägyptische Dialog, den die Akademie nach dem 11. September 2001 initiiert habe und der Christen und Muslime gleichermaßen umfasse. Sieben Treffen bis in die Spitzen von Religions-Gemeinschaften, Politik und Wissenschaft habe es bisher gegeben. Die Fortführung des Projektes sei im Rahmen eines Forums für jüngere Führungskräfte auch nach seinem Weggang gesichert. Aber das seien nur wenige Beispiele aus seinem eigenen Arbeitsbereich. Etwa 80 Tagungen pro Jahr stehen im Akademieprogramm.

„Man muss Lust dazu haben, muss sich einlassen und motiviert sein“, beschreibt Anhelm sein Erfolgsrezept. Auch Ausdauer gehöre dazu. Auf spektakuläre Erfolge habe er nie gesetzt, die seien nur kurzlebig.

Über gute Argumente, nicht über formale Autorität habe er versucht, die Akademie zu leiten, beschreibt Anhelm sich als Chef – auch wenn manchmal einsame Entscheidungen nötig gewesen seien. Sehe er sich durch die Augen seines Teams, so würde ihm wohl manches Mal seine eigene Gelassenheit auf die Nerven gehen. Der Chef Anhelm und der Privatmensch seien da aber im Einklang.

„Ich bin in diese Art Arbeit so verliebt, dass ich keinen Unterschied zwischen Arbeit und Beruf machen möchte.“ Und in Loccum fühlt er, der in der Nähe Göttingens aufwuchs und viele Jahre in Württemberg lebte, so heimisch, dass er mit seiner Frau dort auch dann noch wohnen bleibt, wenn er sich als Akademie-Direktor endgültig verabschiedet hat.

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