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Angeklagte schweigen vor Landgericht zur Tat

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Hoya/Verden - Von Wiebke Bruns. Die vier Angeklagten im Verdener Landgerichtsprozess um einen versuchten Mord in Hoya hatten gestern die Chance, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Den kompletten Vormittag hatte die dritte große Jugendstrafkammer für ihre Aussagen eingeplant. Doch zumindest gestern wollte sich noch keiner dazu äußern, ob und warum man einen zufällig auf seinem Fahrrad vorbeifahrenden 35-Jährigen im Mai 2019 im Bereich des Sportplatzes in Hoya fast totgeprügelt hat.

Im Jugendstrafrecht spielt immer auch der Erziehungsgedanke eine Rolle. Die Bedeutung einer frühen und aufrichtigen Einlassung hatte der Vorsitzende Richter Lars Engelke den vier Angeklagten schon am ersten Verhandlungstag erklärt. Die zwei 17-Jährigen aus Eystrup, der 17-Jährige aus Duddenhausen und der 20-Jährige aus Hoya sitzen seit mehr als einem halben Jahr in Untersuchungshaft. Ausreichend Zeit, um sich Gedanken zu machen, hatten sie damit. Doch es kam gestern nichts. Was umso mehr verwunderte, weil im Ermittlungsverfahren alle vier Angeklagten geständige Angaben gemacht haben sollen.

Zwei Angeklagte waren wenigstens bereit, sich zu ihrem bisherigen Werdegang zu äußern. Was sie berichteten, könnte man als Blaupause über die Vita vieler junger Straftäter legen. Schule ohne Abschluss verlassen, keine Ausbildung, keine Hobbys. Was er so gemacht habe tagsüber im Mai 2019, wurde der 17-Jährige aus Duddenhausen gefragt. „Gechillt, getrunken“, antwortete er. Drogen habe er auch konsumiert. Die genannten Mengen waren mitnichten finanzierbar mit 50 Euro Taschengeld im Monat.

Was dann gestern folgte, waren Diskussionen um ein von zwei Verteidigern angeregtes, nichtöffentliches Rechtsgespräch. Dies lehnten der Vorsitzende Richter Lars Engelke und die Erste Staatsanwältin Dr. Annette Marquardt ab. Hintergrund der Anregung war der Wunsch zu erfahren, was die Angeklagten bei einem Geständnis zu erwarten haben. Nicht unüblich in Strafprozessen, doch bei den Diskussionen die es gestern darum gab, schien der Erziehungsgedanke in Vergessenheit zu geraten. Es muss gewirkt haben wie ein Kuhhandel. Ehrlichkeit und Reue, wenn der Preis, in diesem Fall die Strafe, stimmt.

„Ich sehe momentan keinen Anlass für nichtöffentliche Gespräche oder um rechtlich etwas zu diskutieren“, betonte Dr. Annette Marquardt. Es sei „wohl überlegt“ angeklagt worden, und klar dürfte auch sein, dass bei den Angeklagten „erzieherisch erheblich nachzubessern“ ist. „Das braucht Zeit. Wie viel, weiß ich noch nicht“, sagte sie. Es sei zu früh, „eine Zahl in den Raum zu werfen.“ Den Angeklagten gab sie zu bedenken: „Es empfiehlt sich aber, sich frühzeitig zu äußern, damit es nicht ganz so bitter für Sie ausgeht.“„Im Bereich von Bewährung sind wir mit Sicherheit nicht“, machte sie deutlich. Sie sehe auch keine acht Jahre, soweit nannte sie doch Zahlen. „Auch keine sechs“, warf der Vorsitzende überraschend ein. „Hinsichtlich des Mordmerkmals muss man sowieso erst mal gucken“, merkte er an.

Am Nachmittag wurde das Opfer als erster Zeuge gehört. Ein ausführlicher Bericht dazu folgt am Freitag.

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