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Übergriffe gegen SoVD-Vorsitzende in Steimbke

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Es war vor 14 Tagen, im Supermarkt: Hilke Schmidt geht zwischen den Regalen entlang, da steht ihr plötzlich ein Mann gegenüber. Er kommt auf sie zu und holt mit der Faust aus. Die 56-Jährige reagiert rasch, duckt sich weg. „Ich hab’s nicht abgekriegt“, sagt sie mit einem leichten Zittern in der Stimme.

Hilke Schmidt zieht die Reißleine: Sie gibt ihr Ehrenamt auf.
Hilke Schmidt zieht die Reißleine: Sie gibt ihr Ehrenamt auf. © Schmidt

Steimbke/Nienburg - Gekannt habe Hilke Schmidt den Angreifer nicht. „Ich habe ihn nach seinem Namen gefragt, aber er hat nicht geantwortet.“ Der verfehlte Schlag besiegelt allerdings Schmidts Entschluss, ihr Ehrenamt als erste Vorsitzende des Steimbker Ortsverbandes im Sozialverband Deutschland (Landkreis Nienburg) aufzugeben. „So mache ich kein Ehrenamt mehr“, stellt sie klar. Der Angriff hatte ihrer Meinung nach klar mit ihrem Engagement zu tun. Weshalb der Angreifer so aufgebracht war, kann sie sich nicht erklären. Wie Schmidt geht es immer mehr Menschen, die sich für andere einsetzen. Im Fall der Steimbkerin blieb es nicht bei einem Angriff. Deshalb haben sie und ihr Mann Frank Schmidt, der als stellvertretender Vorsitzender aktiv war, ihre Ämter vor zwei Wochen niedergelegt.

Attacken begannen 2019

Auf Nachfrage bestätigt Schriftführer Hans-Christian Boge, dass es mehrere Übergriffe gab. „Sie wurde zum Beispiel als Absenderin automatisch erzeugter SoVD-Briefe beschimpft.“ Boge zufolge basierten die Schreiben aber auf den beim SoVD-Bundesverband in Berlin gespeicherten Daten und seien von dort versandt worden. Schmidt hatte weder Zugriff noch Einfluss auf diese Briefe, betont er. Boge berichtet zudem, dass die Berliner Verwaltung mit Datenproblemen zu tun gehabt habe. So seien Schreiben an Tote gerichtet oder Rechnungen an ausgetretene Personen geschickt worden. Für ihn und Schmidt sind diese Dinge aber noch lange kein Grund, verbal oder körperlich aggressiv zu werden. Schmidt: „Es fing 2019 damit an, dass ich als Vorsitzende meine Aufgabe wahrgenommen habe. Ich habe Briefe geschrieben und Ehrennadeln verschickt.“ Einige Antworten seien in Form von Beschimpfungen gekommen: „Ich könne mir die Nadel in den Allerwertesten stecken“, zitiert Schmidt ein Schreiben. Später wurde ihr bei einem Jubilarsbesuch der Blumenstrauß wieder vor die Füße geworfen. Und: „2020 wurde ich an meinem Arbeitsplatz im Supermarkt beschimpft, sodass mein Chef eingreifen musste“, erinnert sie sich.

Seit 2017 ist Schmidt Vorsitzende des Ortsverbandes gewesen. Sie wollte Leuten helfen, hat ihre Aufgaben gerne gemacht. Nun ist das vorbei: „Das tue ich mir nicht mehr an“, sagt Schmidt. Anzeige hat sie nicht erstattet, da sie die Personen nicht kennt. Allerdings hat sich die 56-Jährige mehrfach an den Kreisverband gewandt, die Vorfälle gemeldet und gefragt, ob es anderswo ähnliche Probleme gebe. Eine Antwort gab es keine.

Immer häufiger Gewalt gegen Ehrenamtliche und Helfer

Gewalt gegen Menschen die andere unterstützen wollen, nimmt zu. Sei es bei der Feuerwehr, dem Rettungsdienst oder auch der Kommunalpolitik. So berichtet beispielsweise die Fachzeitschrift Kommunal, dass einer Forsa-Umfrage zufolge im vergangenen Jahr 64 Prozent von 2.494 Bürgermeistern in Deutschland bereits im Amt beleidigt oder bedroht wurden. Neun Prozent aller Bürgermeister sind den Angaben zufolge bereits körperlich angegriffen, bespuckt oder geschlagen worden.

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