Besonders häufig seien Kommunalpolitiker Beleidigungen und Bedrohungen ausgesetzt, sagte Lambrecht. Per Gesetz sollen diese nun besser von Anfeindungen und übler Nachrede geschützt werden. Es sei jetzt beispielsweise leichter, eine Adresse sperren zu lassen. Damit können beim Einwohnermeldeamt keine Adressen erfragt werden und die Politiker können ihre Familien besser schützen.
Arnd Focke, ehemaliger Bürgermeister in Estorf, wurde im vergangenen Dezember Opfer rechtsradikaler Anfeindungen und legte sein Amt schließlich nieder. Focke sieht den Landkreis zwar nicht als Epizentrum der rechten Hetze, weist jedoch darauf hin, dass es auch hier AFD-Veranstaltungen gab.
Mit einem eigenen Kommissariat für Staatsschutz und Initiativen, wie dem „Runden Tisch“ seien im Landkreis gute Voraussetzungen gegeben, findet Focke. Doch wünscht er sich mehr Aufmerksamkeit seitens der Bevölkerung und eine noch besser funktionierende Meldekultur. „Coronafrei und nazifrei, das wäre mein Traumbild.“
„Die Vorstellung, dass der ländliche Raum eine Insel der Glückseligen ist, ist eine Wunschvorstellung“, sagte Rudi Klemm vom Weser-Aller-Bündnis: Engagiert für Demokratie und Zivilcourage (WABE). „In Warpe gab es ein Reichsbürgertreffen und im Südkreis gibt es völkische Siedler, die sogar versuchen auf Institutionen Einfluss zu nehmen. Der AFD-Kreisverband feiert die Südtiroler Bomber ab und Menschen werden bei friedlichen Demos bedroht.“ Und das sei nur ein Ausschnitt der vergangenen Jahre, gab Klemm zu Bedenken.
„Teile der Gesellschaft sind unzufrieden und suchen nach Lösungen“, sagte Nienburgs Bürgermeister Henning Onkes. Dabei entdecke er immer wieder auch viel Aggressionspotenzial bei der normalen Bevölkerung. „Das macht mir Sorgen.“
„Da müssen wir rangehen“, lautete der Appell der Bundesjustizministerin. Mehr Präventionsarbeit in Kindergärten, Schulen, aber auch in Betrieben sei dafür notwendig.
Zudem müssen Initiativen verstetigte Förderungen bekommen, um dauerhaft arbeiten zu können. Die größte Aufgabe sei es jedoch, für die Demokratie einzustehen und Grenzen aufzuzeigen.
„Es muss wieder Mainstream werden, sich schützend vor andere zu stellen.“