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Die Glöckner von Nienburg

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Ein Teil der geretteten Glocken.
Ein Teil der geretteten Glocken. © Privat

NIENBURG. Es ist ein typisches Geläut, das am Sonntagmorgen, um 12 Uhr mittags und zu besonderen Anlässen erklingt. Kirchenglocken geben noch heute akustische Signale, das ist ihr Sinn. Nicht immer war das so gewesen. In den beiden Weltkriegen war es, als Glocken eingezogen wurden, um eingeschmolzen und in erster Linie in der Rüstungsindustrie Verwendung zu finden.

Betroffen war auch die Region Nienburg. 1940 erhielten die Kirchengemeinden in Balge, Drakenburg, Heemsen, Marklohe, Nienburg, Wietzen, Schweringen, Stöckse und andere, einen „Meldebogen“ – Absender: Generalfeldmarschall Göring. Was folgte, war aber nicht der absolute Gehorsam, wie der Nienburger Heinz-Dieter Hische berichtet: „Der damalige Landrat des Kreises Nienburg, von Campen, teilte unter anderem dem Kirchenvorstand von Liebenau am 16. Januar 1942 mit, dass die Glocke mit einem Gewicht von 550 Kilogramm, unter Aufrechterhaltung der Beschlagnahme, zunächst nicht abgenommen werden sollte.“

Der Zimmermann Heinrich Buchholz aus Liebenau bescheinigte am 1. Februar 1943, dass er die große Läuteglocke ausgebaut und zum Abtransport fertig gemacht habe. Während der Landrat die kleine Glocke (550 kg) forderte, wurde laut Pastor Voges die große „Läuteglocke“ zum Abtransport fertig gemacht. Der Abtransport erfolgte im Februar 1943. Es wurden daher also nicht beide Glocken, sondern nur die eine große Glocke abgeliefert.

Der Glockentransport zurück in die „Heimat“.
Der Glockentransport zurück in die „Heimat“. © Privat

„Der Spediteur Friedrich Göllner brachte die Glocke und 16 weitere nicht zum Einschmelzen. Er versteckte sie in einem Schuppen, auf seinem Grundstück an der Bahnhofstraße in Nienburg. Dabei riskierte er Kopf und Kragen“, weiß Hische. So kam es, dass die Glocken nach Kriegsende unbeschädigt wieder sichtbar gemacht und am 6. Juni 1945 vom Liebenauer Fuhrunternehmer Willi Bettac für 20 Reichsmark unbeschädigt zurückgebracht wurden – nachdem sie die Nienburger Firma Ernsting verladen hatte. Hische: „Der Transport der Glocken von Nienburg nach Liebenau war zu der Zeit äußerst schwierig und gefährlich. Die Nienburger Weserbrücke war gesprengt, und nur die von den Engländern erbaute Pontonbrücke konnte bei dem Transport genutzt werden. Das versteckte Glockenlager war übrigens da, wo sich heute die Einfahrt zur Waschanlage befindet.“

nis

Auch am kommenden Sonnabend werden im BlickPunkt wieder historische Stadtbilder zu sehen sein, verbunden natürlich mit der aktuellen Ansicht. Eine Aktion, die selbstverständlich für alle BlickPunkt-Leser geöffnet ist. Sie haben auch eines dieser schönen historischen Fotos? Und wissen möglicherweise eine nette Begebenheit zu dem jeweiligen Motiv zu berichten? Dann am besten mit der BlickPunkt-Redaktion unter Telefon 05021/960831 in Verbindung setzen oder gleich vorbeischauen beim BlickPunkt an der Langen Straße 3. Es wäre doch zu schade, wenn die vielen Eindrücke der Zeitzeugen aus der jüngeren Nienburger Vergangenheit verloren gingen.

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