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Nienburg: Keine Corona-Prämie von Helios

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Eine Frau hält Geldscheine in ihrer Hand.
Vom Applaus alleine wird die Miete nicht bezahlt. Die Mitarbeiter der Helios-Kliniken warten auf eine Corona-Zulage. 2022 will die Gewerkschaft wieder verhandeln. © dpa

Landkreis – Sie wurden beklatscht, gelobt und bewundert. Doch die letzte Konsequenz fehlt: die finanzielle Anerkennung der Leistungen von Mitarbeitern der Helios-Niedersachsen-Kliniken, zu denen neben fünf weiteren auch die beiden Häuser in Nienburg und Stolzenau gehören. Die Tarifgespräche zu einer Corona-Sonderzahlung zwischen dem Helios-Konzern, dem Helios-Betriebsrat sowie der Gewerkschaft Verdi sind am 4. Juni ohne Ergebnis beendet worden.

Die Helios-Beschäftigten sagen „Danke für nichts!“, heißt es in einem Schreiben der Gewerkschaft an die Presse. In den Augen von Ralf Krüger – Tarif-Koordinator im Landesbezirk Bremen-Nordniedersachsen – habe es sich bei dem Angebot der Arbeitgeberseite quasi um „Almosen“ gehandelt. Entsprechend groß sei die Enttäuschung unter der Belegschaft in Nienburg und Stolzenau. 700 Männer und Frauen arbeiten an beiden Standorten und versorgen jährlich 47 000 Patienten.

Nach Angaben der Gewerkschaft und von der Nienburger Helios-Betriebsrätin Izabel Dierks hatten die Mitarbeiter im Rahmen von Gesprächen und Aktionen an den sieben Standorten gefordert, eine Corona-Prämie in Höhe von 1500 Euro ohne Vorbedingungen und ohne Verrechnung mit Lohnerhöhungen zu bekommen – für jeden Mitarbeiter.

Verdi fordert 1500 Euro Corona-Prämie - ohne Bedingungen

Die Helios-Niedersachsen-Kliniken, eine Tochtergesellschaft des Fresenius-Konzerns, lehnte dies ab und bot stattdessen eine Sonderzahlung in Höhe von 400 Euro an sowie eine Lohnsteigerung von 1,4 Prozent im Monat, zahlbar am 1. Juli 2022. Die Bedingung: Keine Tarifrunde 2022. In einem Statement der Helios-Niedersachsen-Klinken heißt es: „Helios hatte bereits im März 2021 die Initiative ergriffen, um eine Corona-Sonderzahlung in Höhe von 400 Euro für die Beschäftigten des nichtärztlichen Dienstes (75 Euro für Auszubildende) in 2021 in Verbindung mit einer Tarifvereinbarung zu den Entgelten für 2022 auf den Weg zu bringen. Diese Sonderzahlung wäre ergänzend zu der staatlichen Prämie gezahlt worden, mit der viele Kliniken bedacht worden sind.“Den Arbeitgebern zufolge entsprächen die wesentlichen Eckpunkte ihres Vorschlags „einer Einigung, die wir mit Verdi zuvor bereits für die Kliniken im Geltungsbereich des Helios-Konzerntarifvertrages gefunden hatten.“

Laut Helios lehnt Verdi „einen vorzeitigen Tarifabschluss für das Kalenderjahr 2022, der für alle Beteiligten Planungssicherheit bringen würde, nun aber leider ab“.

Für die Gewerkschaft sieht die Situation anders aus: Die Arbeitgeber argumentierten mit „Planungssicherheit für 2022“, bemängelt Krüger, aber zugleich sei in Geschäftsberichten und Pressemitteilungen zu lesen, dass der Konzern solide dasteht und Gewinn eingefahren hat. So verkündete Vorstandsvorsitzender Stephan Sturm am 21. Mai bei der Hauptversammlung: „Die Pandemie hat unser Geschäft belastet, aber wir haben das Jahr trotzdem gut gemeistert und unsere Ziele erreicht. Wir haben Initiativen gestartet, um noch effizienter und profitabler zu werden, und einen Fahrplan für beschleunigtes Wachstum bis 2023 aufgestellt.“ Weiter heißt es in der Pressemitteilung, dass Dividende der Aktionäre werde „zum 28. Mal in Folge“ erhöht. „Die Anteilseigner erhalten 0,88 Euro pro Stammaktie. Dies entspricht einer Erhöhung um fünf Prozent.“

Helios-Mutter Fresenius erhöht Dividenden für Aktionäre

Das ist für die Verdi-Tarifkommission der sieben Kliniken inakzeptabel: „Eine solche Haltung ist aus unserer Sicht für den größten deutschen Klinikkonzern und Tochter von Fresenius, geradezu beschämend! Anerkennung lässt sich nicht verrechnen! Rundum bezahlen Unternehmen aus eigener Tasche ihren Beschäftigten Corona-Prämien und ausgerechnet Helios näht die Taschen zu!“, schreiben die Verhandlungsführer Ralf Krüger und Julia Niekamp. „Da spielte Planungssicherheit offenbar keine Rolle.“

Die Stimmung an den Standorten Nienburg und Stolzenau ist entsprechend. Krüger zufolge seien die Mitarbeiter „stark ettäuscht“, angesichts ihrer herausragenden Leistungen während der Pandemie. „Sie haben sich von Corona nicht einschüchtern lassen, sondern zum Teil Doppelschichten gemacht“, sagt Krüger. „Die Kollegen würden gerne alle ihre Prämie bekomen – und sie haben sie sich auch verdient!“, betont Izabel Dierks. Sie ist die Vorsitzende des Betriebsrats der Helios-Klinken Niedersachsen. „Wir finden es befremdlich, dass hier zwei Dinge vermischt werden“, so die 54-Jährige mit Blick auf die Corona-Prämienzahlung und die Tarifverhandlungen.

Mit Bezug auf den positiven Jahresabschluss 2020 des Fresenius-Konzerns meint sie: „Der Kuchen ist eigentlich sehr groß und reichhaltig, aber wir kriegen den Boden – zerkrümelt.“

„Wir bedauern, dass es dadurch nun keine tarifliche Corona Sonderzahlung für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geben wird. Die Verhandlungen zum Entgelt werden nach Auslaufen der Tarifverträge in 2022 geführt werden“, so die Helios-Mittelweser-Kliniken.

Gewerkschaft will 2022 erneut verhandeln

Ralf Krüger gibt sich kämpferisch: „Wir bündeln unsere Energie und gehen 2022 mit frischer Wut im Bauch in die nächsten Verhandlungen“, kündigt er an. Verdi sei bereit, „an Stellschrauben zu drehen“ . Auch Izabel Dierks hofft, dass beide Seiten 2022 zu einem anderen Ergebnis kommen.

„Die Klinikbeschäftigten leisten ständig gute Arbeit über eigene Belastungsgrenzen hinweg und verdienen auch jedes Jahr ordentliche Lohnzuwächse. Genau deswegen brauchen wir wieder richtige Tarifverhandlungen in 2022 und nicht jetzt Vorfestlegungen“, fasst Krüger die Ziele zusammen.

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