1. Startseite
  2. Lokales
  3. Landkreis Nienburg
  4. Grafschaft Hoya

Meister der Buchstaben: Hans-Michael Linke ist Holzlettern-Schnitzer

KommentareDrucken

Holzletternschnitzer Hans-Michael Linke in seiner Werkstatt: Dass bei den zahlreichen im Laufe der Zeit kunstfertig und fachmännisch produzierten Lettern gelegentlich auch einmal eine in einem falschen Setzkasten landet, überrascht wenig.
Holzletternschnitzer Hans-Michael Linke in seiner Werkstatt: Dass bei den zahlreichen im Laufe der Zeit kunstfertig und fachmännisch produzierten Lettern gelegentlich auch einmal eine in einem falschen Setzkasten landet, überrascht wenig. © UWE CAMPE

Wechold – Die Werkstatt von Hans-Michael Linke strahlt sofort eine spürbare Wärme und Gemütlichkeit aus. Auf den ersten Blick erinnert sein Refugium in einem Nebengebäude seines Wecholder Hofes an eine Tischlerei. Das aus heimischem Birnbaumholz sowie kanadischem Ahorn bestehende Holzlager liefert ihm den Rohstoff für seine Kunst. In mehreren Arbeitsschritten, die sich vereinfacht ausgedrückt in Schneiden, Schleifen und Fräsen unterteilen lassen, fertigt er hölzerne Lettern an, wie man sie besonders für den Plakatdruck benötigt.

Hans-Michael Linke verfügt nicht nur über das dafür erforderliche spezielle Know-how, sondern auch über teilweise im Ausland beschafftes Equipment, von dem besonders den auf minimalste Höhen exakt einstellbaren Schleif- und Fräsmaschinen eine entscheidende Rolle zukommt. „Ich bin eine von weltweit fünf Personen, die dazu heute noch in der Lage sind“, sagt Linke. Ein wahrlich exklusiver Kreis. In einem Fachbuch über die Herstellung und Geschichte von Holzbuchstaben ist ihm dann auch ein ausführliches Kapitel gewidmet.

Bei so viel Fachwissen und Renommee ist er selbstverständlich ein begehrter Ansprechpartner und Anlaufpunkt, den regelmäßig auch Anfragen von Museen, Sammlern oder Gleichgesinnten erreichen. Als Beispiel mag nur das Gutenbergmuseum in Mainz, sicherlich eines der namhaftesten seiner Art, dienen, das von ihm die erste Sure des Korans anfertigen ließ. Diese schwierige, weil in arabischer Schrift auszuführende Aufgabe war zwar mit beträchtlichem Zeitaufwand verbunden, konnte letztlich aber ohne nennenswerte Probleme und zur ausdrücklichen Zufriedenheit des Auftraggebers erfüllt werden.

Der 1945 in Berlin geborene und dort auch aufgewachsene Hans-Michael Linke war lange Jahre als Lehrer an der Wecholder Mittelpunktschule/Schule am Weserbogen tätig. 1975 hat er den alten Wehrenberg’schen Halbkötner-Hof Nr. 32 in Wechold gekauft, den er gemeinsam mit seiner fünf Jahre jüngeren, aus Delmenhorst stammenden Ehefrau Sylke – früher ebenfalls Lehrerin – sowie dem Hirtenhund Charlie und einer Schar namenloser Hühner bewohnt.

Ehepaar Linke hat sich Buchdruckerei verschrieben - sie sind Initiatoren des Museumsteams „Schwarze Kunst“

Schon seit vielen Jahren hat sich das Ehepaar Linke der Buchdruckerei in ihren unterschiedlichsten Ausprägungen verschrieben und damit einer unweigerlich mit schwarzen Fingern einhergehenden Leidenschaft. Seit circa zwei Jahren gibt es das von ihnen initiierte Museumsteam „Schwarze Kunst“, das zur Zeit aus 13 Personen besteht, die sich aus einem weiten norddeutschen Einzugsgebiet rekrutieren. Mit wachsender Begeisterung und Kompetenz widmet sich dieses Team der Aufgabe, den traditionellen Buchdruck auszuüben und zu erhalten.

Aufgrund des allgemein großen Interesses wurde im vergangenen Jahr beschlossen, das begonnene Projekt auf etwas solidere Füße zu stellen und zu diesem Zweck den Verein „Museumsdruckerei Hoya – ,Zwiebelfisch‘“ zu gründen. Dieser Verein soll später die Museumsdruckerei der Stadt Hoya in der großen Halle der alten Molkerei aufbauen und betreuen. Geplant ist darüber hinaus neben einer engen Zusammenarbeit mit Schulen auch ein vielfältiges Angebot von Fortbildungsmaßnahmen. Wie kolportiert, sollen sich für den in diesem Zusammenhang vorgesehenen Kursus „Falschgeld für Anfänger“ schon zahlreiche Interessenten angemeldet haben.

Buchstaben und Zahlen
Linkes Buchstaben. © Uwe Campe

Zwar ist es noch nicht so weit, immerhin gehen aber die Renovierungsarbeiten in und an der ehemaligen Molkerei zügig voran, sodass mit der Eröffnung des in dieser Form zumindest in Niedersachsen einzigartigen Museums noch in diesem Jahr zu rechnen ist. „Es ist mir wichtig, dass das Museumsteam einen Fortbestand dieses auch für die Stadt Hoya wichtigen Vorzeigeprojekts sichert, auch wenn ich einmal nicht mehr in vorderster Reihe dafür tätig sein kann“, sagt Linke.

Linke füllt Alphabete neu auf - er bewegt sich bei seiner Arbeit im Bereich von bis zu einem Hundertstel Millimeter

Die bislang im alten Pfarrhaus in der Hoyaer Kirchstraße untergebrachten Maschinen, Geräte und Bestände sind inzwischen weitgehend in der alten Molkerei untergebracht und, soweit erforderlich, eingelagert worden. Bald an die 70 Tonnen mussten dabei nach Einschätzung von Sylke Linke in zum Teil ausgeklügelten Verfahren bewegt werden.

Derzeit ist der Wecholder viel in seiner Werkstatt zu finden und füllt seine zahlreichen unterschiedlichen Alphabete mit fehlenden oder aber häufig verwendeten und entsprechend abgenutzten Buchstaben auf.

Buchstaben aus Holz
Linkes Alphabete. © Uwe Campe

Ohne zu sehr auf technische Details einzugehen, kann doch festgehalten werden, dass es sich dabei einschließlich der größtenteils selbst angefertigten Schablonen um Präzisionsarbeit handelt, bei der sich Linke im Bereich von bis zu einem Hundertstel Millimeter bewegt.

Dass bei den zahlreichen im Laufe der Zeit kunstfertig und fachmännisch produzierten Lettern gelegentlich auch einmal eine in einem falschen Setzkasten landet, wo sie dann als „Zwiebelfisch“ – daher der Name des Museumsdruckerei-Vereins – bis zur hoffentlich rechtzeitigen Entdeckung ihr Dasein fristet, überrascht wenig und gehört in diesem ungewöhnlichen Metier mit zum Alltag.

Von Uwe Campe

Auch interessant

Kommentare