Die genannten Zahlen waren nicht aus der Luft gegriffen. Jörg Fortmann bezog sich auf den „Erläuterungsbericht zum Verfahren“, der Teil der Planungsunterlagen für den Stromleitungsbau der Firma Tennet ist.
Als die Moderatorin der Veranstaltung Fortmann nach der vereinbarten Vortragszeit aufforderte, zum Ende zu kommen, durfte er auf Bitte der Zuhörer weitersprechen – und nannte viele Gefährdungspunkte für den Boden. Damit traf der Diplom-Agraringenieur offenbar die Meinung einiger Zuhörer aus dem Bereich Landwirtschaft. Sie äußerten Zustimmung.
Der Vertreter der Landwirtschaftskammer schloss seinen Vortrag mit detaillierten Forderungen für den Fall, dass Erdkabel verlegt werden: Baubegleitung ab Planung, möglichst bodenverträgliche Maschinen, Beweissicherung und spätere Schadensregulierung.
Rainer Horn sah die gleichen Gefahren für den Boden, wirkte aber optimistischer als Fortmann und stellte noch höhere Ansprüche an Planung und Verlegung von Erdkabeln. Seine Ausführungen basierten auf Forschungsarbeiten beim Bau einer anderen Leitung.
„Wir verlieren pro Tag in Deutschland 70 bis 80 Hektar Boden unwiederbringlich“, mahnte Horn. Bei jedem Leitungsbau gebe es Bodenverlust, den es zu minimieren gelte. Übrigens werde Boden durch Überverdichtung auch bei der Installation von Freileitungen geschädigt.
Der Professor forderte, Bodenexperten bereits bei der Leitungsplanung einzubeziehen. Damit die im Kabel entstehende Wärme von bis zu 70 Grad abtransportiert wird, „müssen wird Böden finden, die möglichst nah am Grundwasser sind“, sagte Horn und betonte: „Wo die Wärme nicht nach unten abgeleitet wird, ist kein geeigneter Standort für ein Erdkabel.“ Denn die Wärme sei ansonsten über Jahrzehnte ein Problem für den Ackerbau.
Die Verdichtung des Bodens hingegen sei in den Griff zu bekommen. Dafür gelte es, die richtigen Maschinen in der richtigen Jahreszeit einzusetzen. „Der Bauunternehmer kann nicht einfach immer die schön große Maschine nehmen!“, sagte Horn und betonte: „Böden sind nicht gleich. Wir müssen über die Böden sprechen und nicht über den Boden.“
Wird alles optimal geplant und ausgeführt, könne der Boden nach einer Erdkabelverlegung problemlos wieder beackert werden – aber nicht sofort. Damit er sich schnellstmöglich regeneriert, sollten in den ersten drei Jahren wasserzehrende Pflanzen angebaut werden. Das Befahren mit schweren Lasten, das Pflügen, Düngen und Spritzen seien zu vermeiden.
„Wir haben uns [in einem anderen Projekt] mit Tennet auf eine über fünf Jahre sinkende Ausgleichszahlung geeinigt“, sagte Horn. Die Landwirte mussten sich dafür aber auf die geforderte Bewirtschaftung einlassen, denn: „In einem Jahr kriegen sie den Boden nicht wieder hin. Drei, vier, fünf Jahre brauchen sie dazu“, sagte Horn.
Worauf sich die hiesigen Landbesitzer einstellen müssen, steht allerdings noch gar nicht fest. Tennet hat zwar ein Verfahren für die Erdkabel-Verlegung geschildert, wendet aber möglicherweise ein anderes an. Das machte ein im „Lindenhof“ anwesender Vertreter der Firma auf Nachfrage aus dem Publikum deutlich.
Den aktuellen Planungsstand veröffentlicht Tennet auf seinem Internetauftritt.