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Friedhof als Geschichtsbuch

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Die älteren Grabsteine auf dem Judenfriedhof sind schlicht und aus Sandstein – ganz nach jüdischer Tradition.
Die älteren Grabsteine auf dem Judenfriedhof sind schlicht und aus Sandstein – ganz nach jüdischer Tradition. © Mediengruppe Kreiszeitung

Er Ist Über 300 Jahre Alt, Denkmalgeschützt Und Eines Der Bedeutendsten Zeugnisse Jüdischen Lebens In Der Region: Der Judenfriedhof In Hoyerhagen. Im Rahmen Der Ausstellung ?stätten Jüdischer Kultur Und Geschichte In Den Landkreisen Nienburg Und Diepholz?, Die Derzeit Im Heimatmuseum In Hoya Zu Sehen Ist, Informierte Eine Führung Jetzt Über Den Besonderen Begräbnisplatz. - Von Jana Wohlers. HOYERHAGEN

Elfriede Hornecker, Leiterin des Hoyaer Heimatmuseums und sehr vertraut mit der regionalen Geschichte, übernahm die Führung an Stelle des erkrankten Archivars Henry Meyer. Sie führte rund 40 Besucher aller Generationen über das Areal.

„Mit einer so großen Resonanz haben wir nicht gerechnet“, freute sich Hornecker. Die Museumsleiterin hatte vor der Führung nur wenig Zeit gehabt, sich in die Materie des Judenfriedhofs einzulesen und leitete die Gäste dennoch mit viel Fachkenntnis. Zahlreiche Geschichtskenner, wie Heike Huth von der „Interessengemeinschaft Synagoge Hoya“ unterstützten Hornecker.

Allein die Größe des idyllisch im Hoyerhäger Wald gelegenen Friedhofs beeindruckte die Teilnehmer der Führung. „Die Größe spiegelt die Rolle wider, die die jüdische Gemeinde früher hatte“, erklärte Hornecker. Die Geschichte des Judenfriedhofs begann am 21. April 1714 mit dem Begräbnis von Issachar Beermann. Sein Grab ist noch heute erhalten und damit das älteste des Areals. Der jüdischen Tradition nach zeigen alle Grabsteine nach Osten und sind nach Sterbedatum von hinten links nach vorne rechts auf dem Platz angeordnet.

Bereits 1753 verzeichnete Hoya fünf jüdische Familien. „Zu jener Zeit war es rechtlich eigentlich nicht erlaubt, dass Juden Grundstücke erwerben dürfen“, sagte Hornecker. Wie genau es zu dem Erwerb des Friedhofs kam, ist nicht geklärt. Fest steht aber, dass es sich bei dem Areal um den ehemaligen Galgenberg handelt, auf dem in den 1690-er Jahren das letzte Mal jemand hingerichtet wurde.

Die älteren Grabsteine auf dem Judenfriedhof sind ganz nach der jüdischen Tradition gefertigt. Sie sind schlicht, mit hebräischen Buchstaben beschriftet und aus Sandstein. „Der jüdischen Tradition nach glaubte man, dass nach dem Tod alle Menschen gleich sind. Deshalb verzichtete man auf üppige Gräber oder Grabschmuck“, sagte Hornecker. Zeichen des Erinnerns an die Toten sind oft unauffällig auf dem Grabstein platziert: Kleine Steine, die anders als Blumen oder Schmuck nicht vergänglich sind.

Rund 170 Grabsteine sind heute noch auf dem Judenfriedhof zu finden. Im Vergleich zu den rund 500 Grabstätten, die dort früher zu finden waren, ist das recht wenig. „Der Friedhof ist eigentlich ein Geschichtsbuch“, sagte Hornecker. „Er erinnert an das, was einmal war und nie wieder sein wird.“ So ist beispielsweise ein Grabstein, dessen Dach auf dem Boden liegt, ein Mahnmal für mutwillige Schändungen in der Vergangenheit.

Doch auch Zeugnisse des Versuchs der jüdischen Kultur, sich an die Gesellschaft anzupassen, fanden die Besucher auf dem Friedhof. „Die neueren Steine entfernen sich in ihrem Aussehen immer mehr von der jüdischen Tradition“, bemerkte Hornecker.

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