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Gericht stoppt Edeka in Eystrup

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Seit Jahren hat die Gemeinde Eystrup daran gearbeitet, einen Edeka-Markt im Ort anzusiedeln. Alles schien bereit zu sein, der Spatenstich sollte in den kommenden Wochen erfolgen. Nun kommt alles anders.

Eine Frau läuft mit ihrem Einkaufswagen an einem Edeka-Logo vorbei.
Einkaufen bei Edeka in Eystrup: Daraus wird vorerst nichts. © Patrick Seeger

Eystrup – Aus den Plänen für einen Edeka-Markt in Eystrup wird vorerst nichts. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg hat den Bauplan für das Gebiet außer Kraft gesetzt. Das bedeutet: Alle Konzepte, die die Gemeinde und Edeka seit 2016 für den Standort entwickelt haben, sind mit einem Schlag null und nichtig. Die bestellten Gutachten sind nicht mehr das Papier wert, auf dem sie gedruckt sind. Das Aufstellungsverfahren muss komplett von vorne beginnen. Das würde mindestens zwei Jahre dauern, schätzt Peter Bruns vom Bauamt der Samtgemeinde Grafschaft Hoya. „Das ist bitter.“

Gleich drei Versäumnisse werfen die Richter der für die Planung verantwortlichen Gemeinde vor: Zum einen sei die nördliche Grenze des Gebiets verschoben worden, sagt ein Sprecher des Gerichts. Die veränderten Pläne hätten erneut öffentlich ausgelegt werden müssen. Das ist nicht geschehen. Es ist eine Formalie, nichts weiter. So etwas ließe sich vergleichsweise schnell korrigieren.

Das nächste Problem wiegt schon schwerer. Es geht um das sogenannte Beeinträchtigunsverbot. Demnach darf maximal zehn Prozent der Kaufkraft aus dem Zentrum eines Ortes gezogen werden, wenn die Gemeinde neues Gewerbe in Randlage erlaubt. Mit geschätzten 9,3 Prozent im Fall Edeka in Eystrup kommt die Gemeinde diesem Grenzwert gefährlich nahe. Auch das allein ist kein K.o.-Kriterium.

Der dritte Vorwurf wiegt besonders schwer: Die Planung der Gemeinde verstößt gegen das Landesraumordnungsprogramm. Demnach ist ein Einzelhandelsgroßprojekt wie der Edeka-Markt „nur in städtebaulich integrierter Lage zulässig“, sagt der Gerichtssprecher. Das Land will mit dieser Regel die Zentren stärken. Sie gilt für alle Städte und Gemeinden in Niedersachsen.

Der Standort an der Ecke Bundesstraße 215/Ecke Alexanderweg ist für das Gericht nicht zentral. Anders als die Fläche des ehemaligen Rewe-Markts und des Hol-ab-Getränkemarkts oder das frühere Sparkassen-Gelände an der Bahnhofstraße. Diese drei Flächen wären nach Überzeugung des OVG besser als Standorte für Einzelhandel geeignet. Weil die beiden Grundstücke von „Hol ab“ und Rewe dem selben Eigentümer gehörten, könnten sie zudem gemeinsam betrachtet werden, stellen die Richter fest.

Gemeindedirektor Detlef Meyer sieht das etwas anders. Das Gebäude des ehemaligen Rewe sei komplett verpachtet. Das Grundstück des Hol-ab-Marktes stehe auch nicht zur Verfügung. Genau, wie die Sparkasse: Dort plant die Iuvare Heimgesellschaft eine Wohnbebauung.

Anders als das Gericht sieht Meyer das Versäumnis der Planer nicht darin, zentrumsnahe Flächen für den Edeka nicht in Betracht gezogen zu haben, sondern diesen Prozess „nicht sauber abgeprüft“ zu haben. „Wir hätten das besser dokumentieren müssen“, sagt er.

Der Gemeindedirektor wertet den Richterspruch als ein „akademisches Urteil“. Ohne genaue Kenntnis der Situation vor Ort sei eine Entscheidung am grünen Tisch getroffen worden. Zwar steht die Entscheidung in der Hauptsache noch aus, aber dass das Gericht seine Einschätzung noch ändert, glaubt Meyer nicht. Er schätzt, dass das OVG bei seiner Entscheidung nicht nur die Gemeinde Eystrup im Blick hatte, sondern alle Kommunen im Land. Meyer spricht von einem Urteil mit Signalwirkung, nach dem Motto: Leute, haltet euch an das Landesraumordnungsprogramm!

Dass sich das OVG überhaupt mit dem Projekt Edeka in Eystrup befasst hat, liegt an der Einlassung eines Bürgers. Dieser befürchtete durch das Bauvorhaben verstärkte Lärmemissionen auf seinem Grundstück und strengte daher das Normenkontrollverfahren an. Das Gericht akzeptierte die mögliche Lärmbelastung als Grund, den seit Oktober rechtskräftigen Bebauungsplan zu überprüfen – und stellte nun die genannten Mängel fest. Dass in der Urteilsbegründung die akustischen Auswirkungen überhaupt nicht erwähnt werden, bestärkt bei Meyer den Eindruck, dass das OVG ein Exempel statuieren wollte.

Für die Verwaltung der Samtgemeinde ist der Fall so ärgerlich wie außergewöhnlich. Dass ein derart aufwendiges Verfahren wie die Planung für den Edeka-Markt so kurzfristig gestoppt wird, hat Peter Bruns vom Bauamt in seinen 20 Dienstjahren noch nicht erlebt. Edeka hat bereits die Fläche am Alexanderweg gerodet. Der Bauantrag lag beim Landkreis Nienburg zur abschließenden Genehmigung vor. Politik und Verwaltung glaubten bis vor wenigen Tagen, ihren Beitrag für die Edeka-Ansiedlung geleistet zu haben. Die Eröffnung des Geschäfts war für das Frühjahr 2022 geplant.

Von diesem Datum können sich alle Beteiligten nun verabschieden. Das bedauert Jost Egen, Bürgermeister von Eystrup sehr. „Wir brauchen hier einen Vollsortimenter.“ Und auch wenn die Planungen nun auf null gesetzt worden sind, will Egen an dem Projekt festhalten. Am Ende eines neuen, sauberen Verfahrens soll nach dem Wunsch des Bürgermeisters ein neuer Bebauungsplan stehen – dieses Mal rechtssicher.

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