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Es gibt keinen Fastenzwang

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Zucker gibt es zum Ende des Ramadan: Beim Zuckerfest greifen auch die Männer in der Rehburger Moschee gerne zu Süßigkeiten.
Zucker gibt es zum Ende des Ramadan: Beim Zuckerfest greifen auch die Männer in der Rehburger Moschee gerne zu Süßigkeiten. © -

Nienburg - REHBURG (ade) · Ein wenig ist es wie Weihnachten, wenn die Muslime das Ende ihres Fastenmonats Ramadan begehen. Familien feiern gemeinsam, die Gebetsräume sind übervoll und für die Kinder gibt es Geschenke. Seker Bayrami, das „Zuckerfest“, feiern sie dann drei Tage lang – wie überall auf der Welt, so auch in der Moschee des Türkisch-islamischen Kulturvereins in Rehburg.

Um 4 Uhr morgens sei er aufgestanden, erzählt ein Grundschüler voller Stolz, während er sich seine Schuhe zuschnürt, und dann mit Vater und Brüdern zur Moschee gegangen. Dort hätten sie alle gefrühstückt und seien dann in den Gebetsraum gegangen. Mittlerweile geht der Zeiger der Uhr auf die Acht zu. Während der Kleine aus der Enge vor dem Gebetsraum im Untergeschoss mitsamt seinen Schuhen geflüchtet ist, üben alle anderen sich in Geduld, bis sie ein Plätzchen finden, um in ihr Schuhwerk zu schlüpfen.

Die Reihe derjenigen, die nach und nach aus dem Keller in den Versammlungsraum strömen, scheint nicht abzureißen – 200 Männer, schätzt Vorstandsmitglied Mehmet Degirmenci, sind am Morgen nach dem Ramadan zum Gebet gekommen. Kinder und Jugendliche sind ebenso unter ihnen wie junge und alte Männer. Mancher von ihnen wird zu Hause schon sehnsüchtig erwartet, um bei den Vorbereitungen für das Fest zu helfen, das sie am Nachmittag feiern wollen. „In den Familien kommen wir zusammen, dann gibt es kleine Geschenke für die Kinder und ‚Zucker‘, das dem Fest seinen Namen gibt“, erklärt Degirmenci.

Zucker in Form von Bonbons steht auch auf dem Tisch in der Moschee, immer wieder greifen die Männer zu – schließlich ist es das erste Mal seit einem Monat, dass sie wieder bei Tageslicht etwas essen. Die Frauen und Mädchen, sagt Degirmenci, hätten auch kommen können an diesem Morgen. Nach der traditionellen Rollenverteilung zögen sie es aber vor, die Festvorbereitungen zu treffen.

„Im Ramadan ist der Koran zu uns gekommen“, erklärt Harun Kücuk, Imam der Moschee, den Heiligen Monat der Muslime. Um dieses zu würdigen, fasteten die Menschen vom Sonnenauf- bis zum Sonnenuntergang. Er faste, obwohl er Diabetes habe, erzählt einer der älteren Männer und das sei ihm sehr gut bekommen. Seine Werte seien besser als vor dem Ramadan. Metin ist 17 Jahre alt und fastet seit sechs Jahren. Für sich und für Allah tue er das, erzählt er. Andere Jugendliche haben mit 13 Jahren ihre ersten Versuche gestartet, wie Ali. An manchen Tagen habe er während dieses Ramadan auf Essen und Trinken verzichtet. Wenn er aber zum Fußball-Training gegangen sei oder in der Schule Sport gehabt habe, dann sei der Durst zu groß geworden.

Für den Imam und die anderen Männer ist das in Ordnung – keiner werde zum Fasten gezwungen. Manche kleinen Kinder, erzählt Zekayi Aydin, Vorsitzender des Kulturvereins, probierten stundenweise das Fasten aus – und würden häufig schnell vergessen, was sie sich vorgenommen haben. Fasten sei eine Chance, die wahrgenommen werden könne. Eines sei es jedoch nicht – eine Diät. Zustimmend nicken alle Männer in der Runde. Abgenommen hat in diesem Monat keiner von ihnen, eher ein wenig zugelegt.

Ein wichtiger Aspekt des Fastens sei auch, dass man Hunger fühle und sich besser in hungernde Menschen hineinversetzen könne, sagt Levent Iyisu. Während des Ramadan sollten die Muslime an bedürftige Menschen spenden, das gebe der Koran vor.

Die große Uhr im Versammlungsraum, die neben der Uhrzeit auch den Beginn und das Ende des Fastens an dem jeweiligen Tag angezeigt hat, verliert nun für fast elf Monate ihre große Bedeutung. Einen Monat lang hat sie den Zeitpunkt der Morgendämmerung angezeigt und damit den Beginn des Fastens, genauso auch für den Abend den Moment, an dem das Fasten gebrochen werden und in großer Runde gespeist werden durfte. Das, sagt der Imam, sei ein weiteres Element, das den Heiligen Monat Ramadan ausmache: dass die Gemeindemitglieder viel miteinander redeten und gemeinsam das Fasten und das Fastenbrechen erlebten.

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