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Klimawandel in Hilgermissen: Dr. Arne Röhrs beobachtet die Natur

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Dr. Arne Röhrs aus Hilgermissen beobachtet die Natur für den Deutschen Wetterdienst.
Dr. Arne Röhrs aus Hilgermissen beobachtet die Natur für den Deutschen Wetterdienst. © Uwe Campe

Hilgermissen – Dr. Arne Röhrs aus Hilgermissen ist einer von 1100 phänologischen Beobachtern. Er schickt seine Daten an den Deutschen Wetterdienst.

Die Phänologie, ein dem Griechischen entlehnter Begriff, der gemäß Duden für „die Lehre von den Erscheinungen“ steht, beschreibt den jahreszeitlichen Ablauf der Pflanzen- und Tierwelt, wie er sich exemplarisch an der Laubverfärbung der Bäume zeigt. Bezogen auf die Pflanzenwelt stellt sie zusammen mit der Phänometrie, also der systematischen Erfassung und Auswertung dieser Erscheinungen, ein wichtiges Instrument und Hilfsmittel des Deutschen Wetterdienstes (DWD) dar.

Dieser nutzt sie in den unterschiedlichsten Anwendungsbereichen, zum Beispiel um Klima-Entwicklungen einzuordnen oder Wettervorhersagen zu unterstützen, zieht sie aber auch zu vielseitigen wissenschaftlichen Studien heran. Das Institut mit seiner Zentrale im hessischen Offenbach unterhält aus diesem Grund ein engmaschiges Netz sogenannter phänologischer Beobachter, von denen es mit den erforderlichen Basisdaten versorgt wird.

Deutschlandweit gibt es etwa 1 100 von ihnen, Dr. Arne Röhrs aus Hilgermissen ist einer davon. Als Biologie- und Chemielehrer am Johann-Beckmann-Gymnasium in Hoya angestellt, ist er für diese im Jahr 2018 übernommene ehrenamtliche Tätigkeit prädestiniert. Zuvor gelangten Beobachtungen aus dem nahen Wechold über viele Jahre zum DWD.

Phänologischer Beobachter

Bis zu 180 Erscheinungen periodisch wiederkehrender Eintrittszeiten charakteristischer Vegetationsstadien beobachtet, sammelt und registriert Arne Röhrs im Jahreslauf im Umkreis von zwei Kilometern um seinen Wohnort nach einem vom DWD vorgegebenen Muster. Später leitet er sie an das Institut weiter. Ein von diesem bereitgestelltes Handbuch sowie weitere Hilfsmittel unterstützen ihn dabei. Die jeweils erfassten Eintrittsphasen stehen gleichermaßen in enger Beziehung zur Witterung und zum Klima und eignen sich daher in besonderer Weise für weiterführende Auswertungen und Untersuchungen.

Im Ergebnis fließen die Erhebungen in eine vom DWD erstellte phänologische Uhr ein, die in zehn vom Vorfrühling bis zum Winter reichende Phasen unterteilt ist. Für jeden Abschnitt ist eine Art bestimmt: für den Vorfrühling die Blüte des Hasels, denSpätsommer die Früchte der Apfelbäume oder den Spätherbst die Laubfärbung der Stieleiche. Wichtig ist, dass sich der Beobachter immer die selbe Pflanze vornimmt, schließlich gibt es auch innerhalb der Arten individuelle Unterschiede.

Wie in der vom DWD bereitgestellten Grafik schön zu sehen ist, dokumentiert die Uhr die ermittelten Verschiebungen der vergangenen 60 Jahre auf anschauliche Weise. Sie lässt den Schluss zu, dass der Winter immer kürzer wird und besonders der Vorfrühling zunehmend früher einsetzt und länger andauert. Für Arne Röhrs, dessen Angaben sich weitgehend mit den vom DWD errechneten Mittelwerten decken, steht jedenfalls schon mal fest: „Der Klimawandel ist unübersehbar auch in der Gemeinde Hilgermissen angekommen“.

Nach Aussage des Instituts werden phänologische Beobachtungen vielseitig sowohl vom eigenen Dienst, als auch von Kunden wie Universitäts-Instituten, Forschungseinrichtungen, Behörden, Ministerien, Landwirtschaft und Medien genutzt. Dabei zeichnet sich ab, dass die erhobenen Daten in Zukunft verstärkt für Trendanalysen zur Klimadiagnostik herangezogen werden, da sich die Eintrittsdaten vieler phänologischer Phasen sehr gut in Beziehung zu Temperatur-Trends setzen lassen. Gerade auf diesem Gebiet seien in den vergangenen Jahren einige richtungweisende Diplom- und Doktorarbeiten gefertigt worden.

Neben den wie von Arne Röhrs nur einmal pro Jahr gemeldeten Daten, gibt es auch sogenannte Sofortmelderdaten, die primär die Abteilung Landwirtschaft des DWD „in der agrarmeteorologischen Beratung als Eingangsgrößen numerischer Modelle zur Vorhersage von landwirtschaftlich bedeutsamen Ereignissen und Zuständen“ nutzt, wie es aus Offenbach heißt. Es werden also beispielhaft Bodenfeuchte, Wasserbedarf von Pflanzen, Kornfeuchte oder Pflanzenkrankheiten gemeldet. Der Abteilung Medizin-Meteorologie dienen sie zudem für Informationen und Warnungen zum Pollenflug.

Für die beiden im Landkreis Nienburg liegenden Orte Rohrsen und Landesbergen, für die bereits langjährige, sich teilweise über 60 und mehr Jahre erstreckende Datenreihen vorliegen, sucht der Deutsche Wetterdienst derzeit noch phänologische Beobachter, die für ihre ehrenamtliche Tätigkeit eine Aufwandsentschädigung erhalten.

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