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Er muss nicht - er darf schnitzen

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Schnitzer Lehmann
Weihnachtlich: Vor kurzem hat Wilfried Lehmann seine Lust am Bau von Krippen entdeckt. Auf dem Foto zeigt er sein Premierenwerk. © Leif Rullhusen

Schinna - von Leif Rullhusen. „Ich muss nicht – ich darf!“ Diese vier Worte reichen Wilfried Lehmann vollkommen, um sein Hobby, seine Leidenschaft zu beschreiben. Sie bestimmen seine Schnitzkunst.

Wenn der pensionierte Abteilungsleiter der Energiewirtschaft aus Schinna zu Stechbeitel, Säge und Holz greift, dann einzig und allein, weil er dazu gerade Lust hat. Und was aus dem Stück Holz entsteht, hängt ebenfalls ausschließlich davon ab, wonach ihm ist. „Wenn ich Lust habe, eine Nachziehente zu bauen, baue ich eine Nachziehente. Wenn ich Lust habe, eine Lok zu bauen, baue ich eine Lok. Und wenn ich Lust habe eine Schale zu schnitzen, schnitze ich eben eine Schale“, erklärt der 67-Jährige. Eine Quelle seiner Ideen ist die Natur. Bei Spaziergängen an den Stolzenauer Baggerseen sammelt er Inspirationen. Kürzlich sah er einen Kieselstein am Ufer, der ihn an die stromförmige Karosserie eines Autos erinnerte. Der Stein bekam kurzerhand Achsen, Räder und einen Fahrer aus Holz. Fertig ist das Kunstwerk!

Schnitzer Lehmann
Form follows nature: Ein Kieselstein ist das Kernelement dieses Rennwagens. © Leif Rullhusen

Schnitzkunst ist als Beschreibung für das Hobby von Wilfried Lehmann eigentlich viel zu eng gefasst. Der Schinnaer fertigt aus Holz nämlich auch tolles Kinderspielzeug oder weihnachtliche Krippen. Egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit. „Wenn ich beim Einschlafen eine Idee habe, kann es passieren, dass ich wieder aufstehe und mich in meiner Schnitzwerkstatt an die Werkbank stelle“, erzählt er. Einen Holz-Lkw hatte er kürzlich morgens um 4 Uhr fertig.

Auch der Holzelefant für seinen zweijährigen Enkel Emil bekam Mitten in der Nacht noch einen Satz Räder. Pünktlich zum Familienbesuch bei seinem Sohn Knut am nächsten Tag war der rollende Dickhäuter fertig. Emil kommt übrigens sehr häufig in den Genuss der Handwerkskunst von Großvater Wilfried. Für seinen Enkel schnitzt, sägt und schleift er auch schon mal auf Bestellung. „Ich würde aber niemals etwas auf Vorrat oder eine Serie anfertigen, die ich dann auf Hobbykunst- und Handwerkermärkten verkaufen müsste“, betont er. Auf denen ist Hobbyschnitzer Lehmann zwar regelmäßig anzutreffen Aber eben nur, weil er Lust hat, dort seine Kunst anzubieten und nicht, weil er sie verkaufen muss. „Mir ist der Kontakt zu anderen Ausstellern und zu den Besuchern wichtig. Manchmal verkaufe ich nichts, lerne dafür aber nette Menschen kennen“, erzählt Lehmann. Das nächste Mal stellt er am kommenden Wochenende, 7. und 8. November, auf dem Hof Frien in Warmsen.

Eisenbahn
Die ersteHolzeisenbahn aus der Schnitzwerkstatt des Schinnaers. © Wilfried Lehmann

Neben Enkel Emil sind Männer – häufig durchaus reiferen Alters – Abnehmer seines Holzspielzeugs. „Die stellen sich das als Jugenderinnerung gerne ins Regal oder in die Vitrine“, erzählt Lehmann.

Die Lust am Holz, beziehungsweise am Schnitzen weckte ein Kurs im „Deutschen Kreativzentrum Holz“ des Nienburgers Reinhold Büdeker. Den bekam Wilfried Lehmann von seiner Familie zum Vorruhestand vor sieben Jahren geschenkt. Ein Glücksgriff: „Reinhold sagte mir, dass ich Talent und eine Gefühl für Holz besitze“ erinnert sich Lehmann. „Er forderte mich auf, weiter zu machen. So bin ich Stück für Stück tiefer in die Schnitzkunst eingetaucht.“

Schnitzer Lehmann
Wenn das Wetter mitspielt, schnitzt Wilfried Lehmann mit Vorliebe unter freiem Himmel. © Leif Rullhusen

Das Talent und der Spaß schlummerte wohl schon immer in dem gebürtigen Wittmunders. „Bereits in der Schule machte mit der Werkunterricht viel Freude. Gerade mit Holz arbeitete ich damals schon gerne“, erinnert er sich an seine Kindheit. Auch seine Berufswahl blendete diese kreative, gestalterische Ader nicht vollkommen aus. Wilfried Lehmann machte eine Ausbildung zum technischen Zeichner. In einer Zeit, als diese Tätigkeit noch am Zeichenbrett und nicht am Bildschirm stattfand, war räumliches Denken wichtig und wurde entsprechend geschult. „Das hilft mir heute beim schnitzen“, berichtet Lehmann.

Das macht er nach dem Motto „Geht nicht, gibts nicht“. Mit einer Ausnahme: „Möbel baue ich nicht. Zu dem präzisen Arbeiten habe ich keine Lust“, erklärt er. „Wenn ich einen Stuhl baue und ein Bein zu kurz ist, wackelt er. Wenn ich bei einer Schale den Beitel nicht exakt ansetzte, ist das dagegen egal.“

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