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Puppenspielerin erzählt über das Leben einer Schaustellerfamilie

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Katja Trumpf-Schröder, Ronny Trumpf und ihr Sohn Jake präsentieren stolz die handgefertigten Puppen: Räuber Hotzenplotz, Kasper, das Krokodil, den Polizisten und Seppel. Foto: NALA HARRIES
Katja Trumpf-Schröder, Ronny Trumpf und ihr Sohn Jake präsentieren stolz die handgefertigten Puppen: Räuber Hotzenplotz, Kasper, das Krokodil, den Polizisten und Seppel. © Nala Harries

Hoya - Das Schaustellerdasein ist nicht leicht, aber frei – und genau dieses Gefühl von Freiheit ist es, das die Familie Trumpf, trotz finanzieller Sorgen, weiter begeistert Puppenspielen lässt. Seit Anfang des Jahres sind Katja Trumpf-Schröder und Ronny Trumpf mit ihren fünf Kindern in Nord- und Mitteldeutschland unterwegs, um Interessierten das Stück „Der entflohene Räuber Hotzenplotz“ auf ihrer Puppenbühne „Traumgeschichten“ zu präsentieren. Derzeit haben sie ihr Zelt in Hoya an der Rudolf-Harbig-Straße aufgeschlagen.

Bisher läuft es jedoch nicht so gut, gibt Katja Trumpf-Schröder zu und sagt: „Heutzutage kommen einfach nicht mehr so viele Leute ins Puppentheater.“ Für die Familie sind das keine guten Aussichten, denn sie müssen von den Einnahmen leben. „Wir schaffen es gerade so, über die Runden zu kommen, liegen mit allen Abzügen sogar unter dem Hartz-IV-Satz“, fügt sie hinzu. Eine Lizenz für ein Puppenspiel koste mehrere Tausend Euro pro Jahr, besonders für Stücke wie „Leo Lausemaus“ und „Pettersson und Findus“ müssten die Schausteller viel Geld aufbringen. „Das liegt daran, dass diese Geschichten aus Fernsehsendungen stammen und geschützt sind“, erklärt die 39-Jährige. 

Die Familie hat sich dazu entschieden, ein Stück um die Handpuppe „Kasper“ in ihr Programm aufzunehmen, da dieses lizenzfrei aufgeführt werden könne. Das Problem: Der „Kasper“ scheint beim Publikum nicht besonders gut anzukommen, denn am Donnerstag waren nur drei Besucher gekommen. „Dafür lohnt es sich nicht, aufzutreten und in solchen Fällen sagen wir die Vorstellung ab“, meint Katja Trumpf-Schröder. 

Für die Trumpfs bedeutet ein Ausfall, keinen Verdienst an diesem Tag erwirtschaftet zu haben. Gerade deswegen war die Geste von Ronny Trumpf so herzerwärmend: Er musste wohl die Traurigkeit des kleinen Mädchens über den Ausfall der Vorstellung, gespürt haben und schenkte ihr trotz der finanziellen Situation der Familie, zum Trost eine Tüte mit Popcorn. Am Freitag waren aber dann doch einige Gäste zur Vorstellung gekommen. „Wir waren zufrieden und meistens ist es auch abhängig vom Wetter. Bei Regen bleiben die Leute zu Hause“, meint der 38-Jährige Ronny Trumpf.

Katja Trumpf-Schröder liebt das Herumreisen

Egal, wie schwer das Schaustellerdasein auch sein mag, Katja Trumpf-Schröder wirkt glücklich. Sie liebt ihr Leben und das stetige Umherreisen: „Man ist unabhängig und lernt überall neue Leute kennen. Wenn man so ein freies Leben kennt, möchte man nicht bei einer Fabrik jeden Tag am Fließband stehen.“

Die Familie hatte drei Jahre lang einen festen Wohnsitz in Schwanewede, doch das funktionierte nicht. „Ich habe der Liebe und dem Zirkus wegen mein Fachabitur hingeschmissen und keine Ausbildung. Mein Mann ist in Bayern geboren. Er ist im Zirkus aufgewachsen und kann nicht gut lesen und schreiben. Mit diesen Voraussetzungen war es sehr schwer, einen Job zu finden.“ Heute hat die Familie zwar noch ihre Meldeadresse in Schwanewede, doch sie selbst sind ständig mit ihren vier Wohnwagen unterwegs. Den Winter verbringen sie meist auf einem Campingplatz. Für dieses Jahr sind sie noch auf der Suche nach einem geeigneten Stellplatz.

Schaustellerin stammt aus Bremen

Katja Trumpf-Schröder kommt ursprünglich aus Bremen. Im Jahr 2000 sei ein Zirkus in die Stadt gekommen. Sowohl ihre große Liebe zu Ponys und Pferden als auch die Liebe zu einem Mann brachte sie dazu, sich den Schaustellern anzuschließen. „Mittlerweile bin ich seit fast 20 Jahren dabei“, sagt sie. Die Eltern ihres jetzigen Mannes stammen aus einer Puppenspieler- sowie einer Zirkusfamilie. Somit war auch Ronny Trumpfs Leben vorherbestimmt. „Er ist ein ,Allrounder‘. Er ist Puppenspieler, Feuerschlucker- und Spucker und Familienvater in einem. Zudem kann er auch einige Dinge auf dem Kinn balancieren“, erklärt die 39-Jährige.

Aber wie sieht das Leben der Schaustellerkinder aus? Die fünf Trumpf-Sprösslinge sind zwischen fünf und 18 Jahre alt, der Großteil von ihnen geht also schon zur Schule. „Je nachdem, wo wir gerade sind, werden sie von den Schulen vor Ort aufgenommen. Ihre Stammschule, die sich beispielsweise um die Zeugnisse kümmert, ist in Schwanewede. Die ,Stützpunktschulen‘ geben die Leistungen der Kids an diese weiter“, erklärt Katja Trumpf-Schröder. Schwer sei der ständige Schulwechsel für ihre Kinder nicht, „da sie es nicht anders kennen“. Bei den Kindergärten funktioniere dies allerdings meistens nicht, da diese Institutionen nicht verpflichtet seien, ihre Kids aufzunehmen, sagt die 39-Jährige.

Leben schweißt Familie näher zusammen

Außenstehende könnten sich womöglich ein solches Leben nicht für ihre Kinder vorstellen, doch ein Blick in die Augen der Trumpf-Kids reicht, um vermuten zu können, dass sie glücklich sind. „Als wir die drei Jahre in Schwanewede gewohnt haben, saßen sie ständig vorm Fernseher oder dem Computer. Natürlich tun sie das jetzt auch manchmal noch, aber sie sind viel mehr draußen, spielen oder üben kleine Zirkusnummern ein. Unser jetziges Leben schweißt die Familie näher zusammen“, sagt die 39-Jährige.

Falls es mit der Puppenbühne zukünftig nicht besser läuft, haben sich die Trumpfs bereits einen Alternativplan ausgedacht. „Wir überlegen, einen eigenen Zirkus zu eröffnen. Die Kids sind bereits fleißig am Üben“, meint Katja Trumpf-Schröder. Ihre Tochter Vienna sei gerade dabei eine Nummer mit dem Hula-Hoop-Reifen einzustudieren. Darüber hinaus käme für die Familie eine Taubenvorführung in Frage. „Die kommen gut an, sind günstig und schnell dressiert“, sagt die 39-Jährige. Weitere Tiere sollen jedoch planmäßig nicht hinzukommen.

Auf die Frage, ob der Wechsel zum Zirkus die finanzielle Situation verbessern würde, antwortet Katja Trumpf-Schröder: „Puppentheater ist etwas für ganz kleine Kinder, der Zirkus erreicht eine größere Zielgruppe.“

Die Trumpfs halten bisher noch an ihrem Konzept fest. Stolz präsentieren sie die handgefertigten Puppen, darunter Kasper, Seppel, das Krokodil, der Polizist und der Räuber Hotzenplotz. „Das sind alles Erbstücke und die sind nicht nur angemalt, sondern richtig lackiert“, sagt Ronny Trumpf. Schon am Sonntagabend bricht die Familie ihre Zelte in Hoya wieder ab, denn dann geht es weiter. Dieses Mal nach Dörverden. „Wir gehen dahin, wo der Wind uns hinträgt“, sagt die 39-Jährige.

Nächste Vorstellung:

Zu sehen ist das Stück „Der entflohene Räuber Hotzenplotz“ der Familie Trumpf noch heute um 16 Uhr und morgen um 15 Uhr. Die Puppenbühne befindet sich auf dem Parkplatz des Freibads an der Rudolf-Harbig-Straße in Hoya. Der Eintritt kostet für Kinder sieben Euro, Erwachsene zahlen neun Euro.

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