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Klosterwaldprozess: Gericht befragt Therapeuten

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Bad Rehburg/Verden - Von Wiebke Bruns. Der heute 51 Jahre alte Angeklagte im Mordfall Judith Thijsen wurde im Januar 2013 im Maßregelvollzugszentrum (MRVZ) in Bad Rehburg untergebracht. Dass er gefährlich ist, stand für frühere Gutachter außer Frage.

Doch die Verdachtsdiagnose „sexueller Sadismus“ wurde im MRVZ fallen gelassen. Zu den Gründen und dem Verlauf der Behandlung befragte das Landgericht Verden nun den damals zuständigen Gruppentherapeuten.

Aufgrund der Einschätzungen der Experten bezüglich der Persönlichkeit des Angeklagten war der Angeklagte im Januar 2012 vom Landgericht Aurich nicht nur wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung zu vier Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt. Für ihn wurde zusätzlich die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Vorher sollte er in einer Entziehungsanstalt untergebracht werden, also im MRVZ.

"Frauen gefügig machen"

Es war bekannt, dass er in der Vergangenheit Opfer gewürgt hatte. Hinweise darauf ergeben sich auch bei dem Mord im Loccumer Klosterwald. Zur Überzeugung des Diplompsychologen gab es aber bei den früheren Taten keine „sadistische Komponente“ und der Angeklagte sei auch kein Psychopath. „Es ging darum, die Frauen gefügig zu machen, sich der Opfer zu bemächtigen und mit ihnen zu verkehren. Es ist nicht bekannt, dass er sich an den Leiden der Opfer erfreut oder ergötzt hat“, erklärte der Zeuge.

Der Angeklagte habe die früheren Taten „aus Frust und einem eigenen Ohnmachtserleben“ begangen. „Er hat versucht seinen Selbstwert mit den Taten zu regulieren, sich als männlich zu beweisen.“ Der psychiatrische Sachverständige im aktuellen Prozess bohrte immer wieder nach bei diesen Erklärungen. Schlüssig wirkten die Antworten des Zeugen aus dem Maßregelvollzugszentrum nicht. Auf die Frage, was sich beim Angeklagten geändert hat, erklärte der Diplompsychologe: „Dass seine sozialen Kompetenzen reichen und er sich unauffällig draußen bewegen konnte.“

Hohe innere Anspannung

Befragt von der Anwältin der Mutter des Opfers zur Frustrationstoleranz des 51-Jährigen, erklärte der Zeuge wiederum, dass dieser ein Mensch mit einer „hohen inneren Anspannung“ sei. „Dadurch hält er bis zu einem gewissen Grad viel Frustration zurück. Wenn es dann zum Durchbruch kommt, ist es gut vorstellbar, dass sich eine Schleuse öffnet, die zu Überflutungen führen kann.“

Zur Sprache kam während des Verhandlungstages am Freitag auch, dass der Angeklagte nicht immer so wie erwartet mitgearbeitet habe. Daraufhin habe man ihm klar gemacht, dass ein Abbruch der Behandlung droht. Dann hätten Gefängnis und Sicherungsverwahrung gedroht. In der Folge habe er besser mitgearbeitet.

Ein Prognoseteam sprach sich für stufenweise Lockerungen aus. Dazu gehörten für den Angeklagten irgendwann auch unbegleitete Freigänge und Wochenendunternehmungen. Es war während eines solchen Freigangs, dass der Angeklagte im September 2015 im Loccumer Klosterwald die 23-jährige Judith Thijsen aus Bad Rehburg ermordet haben soll.

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